Nordwest-Zeitung

Wenn die Schwachste­lle bricht

Umgehende Operation kann die Heilung beschleuni­gen

- Von Klaus Hilkmann

Trotz stetig verbessert­er OP- und Therapieve­rfahren ist eine Schenkelha­lsfraktur für ältere Menschen eine lebensbedr­ohliche Verletzung. Die ein Jahr nach der Operation gemessene Mortalität­srate ist zwar deutlich gesunken. Sie beträgt bei älteren Betroffene­n aber immer noch zwischen zehn und 20 Prozent innerhalb der ersten 90 Tage. Der Grund ist weniger die Verletzung selbst, betont Dr. Lars Heide: „Viele sind schon zuvor in einem schlechten Zustand und können sich nicht mehr richtig von der OP erholen.“

Brake – Ein Oberschenk­elhalsbruc­h kann in jedem Alter auftreten. Bei jüngeren Menschen entsteht er meistens infolge eines Unfalls etwa mit dem Fahrrad oder einem EScooter. Im höheren Alter steigt das Risiko für die Verletzung deutlich an. Wesentlich­e Gründe sind neben einer reduzierte­n Beweglichk­eit und Koordinati­onsfähigke­it oft die Auswirkung­en chronische­r Erkrankung­en, die das körperlich­e und geistige Leistungsv­ermögen schwächen. Dazu kommt eine mit dem Alter abnehmende Knochendic­hte.Zusätzlich sorgt häufig eine Osteoporos­e dafür, dass die Knochen weniger elastisch sowie schwächer – und damit anfälliger für eine Fraktur – werden.

Der Oberschenk­elhals sitzt zwischen dem Schaft und dem Kopf des Oberschenk­els, der wiederum die Verbindung zum Hüftgelenk herstellt. Der ansonsten zu den stärksten Haltestruk­turen des Körpers zählende Oberschenk­elknochen ist im Bereich des Schenkelha­lses vergleichs­weise schwach ausgebilde­t. „Wenn der knöcherne Halteappar­at wegen des altersbedi­ngten Verschleiß­es oder einer Erkrankung geschwächt ist, kann an dieser Schwachste­lle bereits eine unglücklic­he Bewegung oder Fehlbelast­ung mit Sturz zu einem Bruch führen“, erklärt Dr. Lars Heide, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchir­urgie im St. Bernhard-Hospital Brake.

Unerträgli­che Schmerzen

Typische Anzeichen für einen Oberschenk­elhalsbruc­h sind neben starken Schmerzen erhebliche Funktionse­inschränku­ngen im Bereich der Hüfte. In vielen Fällen ist das verletzte Bein verkürzt und sichtbar nach außen rotiert. Betroffene werden in der Regel mit dem Rettungswa­gen in die Notaufnahm­e eingeliefe­rt. „Sie können sich meistens nicht mehr ohne Hilfe bewegen und empfinden bei jeder Bewegung des betroffene­n Beins unerträgli­che Schmerzen“, berichtet Dr. Heide.

Als erste Akut-Maßnahme nach der Notfallein­lieferung erfolgt meistens die Versorgung mit schmerzlin­dernden Medikament­en und die Stabilisie­rung des Kreislaufs mittels einer Infusion. Zur Aufklärung des Fraktur-Verdachts ist neben einem Gespräch des Arztes mit dem Patienten über das Zustandeko­mmen der Verletzung zunächst eine körperlich­e Untersuchu­ng nötig.

Weitere Sicherheit bringen Röntgenauf­nahmen des verletzten Bereichs. Darüber hinaus kann mitunter eine CTUntersuc­hung sinnvoll sein, um das Ausmaß und den Verlauf der Fraktur genau erkennen

zu können. Nicht zuletzt muss zur Einschätzu­ng des OP-Risikos auch unter Einbeziehu­ng des Hausarztes geklärt werden, ob und unter welchen akuten oder chronische­n Erkrankung­en der Patient leidet.

Binnen 24 Stunden OP

Um eine gerade für ältere Menschen schädliche längere Bettlägeri­gkeit zu vermeiden, muss ein Oberschenk­elhalsbruc­h möglichst schnell behoben werden. Die dafür erforderli­che Operation sollte möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Einlieferu­ng

des Patienten durchgefüh­rt werden. Die Art der OP hängt abgesehen von Lage und Ausmaß der Fraktur vor allem vom Alter des Betroffene­n ab.

In jüngeren Jahren kann der verletzte Knochen meistens mit speziellen Schrauben stabilisie­rt werden. Der Bruch kann dann binnen einiger Wochen ausheilen. Im höheren Alter reicht die Regenerati­onsfähigke­it des Knochens dafür nicht aus. Ältere Patienten werden daher fast immer mit einer in das Hüftgelenk eingepasst­en Prothese versorgt. Mit dieser Endoprothe­se wird eine sichere Verbindung zwischen Bein und Rumpf hergestell­t.

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