Demokratie bleibt tägliche Arbeit
Die Konstituierung des 20. Deutschen Bundestages markiert die Stabilität des politischen Systems. Weder Bonn noch Berlin sind Weimar geworden. Die Basis des Gelingens ist derzeit wieder zu besichtigen: Der faire Machtwechsel, getragen von einer breiten demokratischen Wählerschaft und begleitet von der Gemeinsamkeit der Demokraten, im Parlament um die überzeugenderen Konzepte und neue Mehrheiten zu ringen.
Doch 20 Wahlperioden in Folge verleiten zu viele Deutsche zu der Annahme, die Demokratie sei unumstößlich gesichert. Tatsächlich sind die Herausforderungen für die parlamentarische Demokratie gewachsen. Global, europaweit und national. Demokratie bleibt nur, wenn Demokraten an ihr arbeiten. Jeden Tag.
Die große, übergreifende Debatte wird immer wieder von aufgepeitschtem Streit ersetzt, in dem einzelne Gruppen nur noch ihre eigene Meinung gelten lassen. Deshalb war es gut, dass sowohl der scheidende Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble als auch seine Nachfolgerin Bärbel Bas die Vorbildfunktion des Bundestages herausgestellt haben. In einer Zeit, in der immer weniger Menschen andere Meinungen ertragen mögen, muss die – auch pointierte – Debatte im Parlament die Möglichkeit freier Meinungsbildung vorführen.
Längst befindet sich die Welt in einem Systemwettbewerb. China hält den Kommunismus für überlegen, setzt die repräsentative Demokratie zunehmend unter Druck. Bezeichnend ist, dass der Bundestag nun die größte Volksvertretung nach dem chinesischen Volkskongress ist, weil die deutschen Parlamentarier nicht in der Lage waren, sich auf ein vernünftiges Wahlrecht zu verständigen. Der 20. Bundestag wird das schnell angehen und lösen müssen, wenn er den Lackmustest des Demokratieerhalts bestehen will.
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