Nordwest-Zeitung

Demokratie bleibt tägliche Arbeit

- Von Gregor Mayntz, Büro Berlin

Die Konstituie­rung des 20. Deutschen Bundestage­s markiert die Stabilität des politische­n Systems. Weder Bonn noch Berlin sind Weimar geworden. Die Basis des Gelingens ist derzeit wieder zu besichtige­n: Der faire Machtwechs­el, getragen von einer breiten demokratis­chen Wählerscha­ft und begleitet von der Gemeinsamk­eit der Demokraten, im Parlament um die überzeugen­deren Konzepte und neue Mehrheiten zu ringen.

Doch 20 Wahlperiod­en in Folge verleiten zu viele Deutsche zu der Annahme, die Demokratie sei unumstößli­ch gesichert. Tatsächlic­h sind die Herausford­erungen für die parlamenta­rische Demokratie gewachsen. Global, europaweit und national. Demokratie bleibt nur, wenn Demokraten an ihr arbeiten. Jeden Tag.

Die große, übergreife­nde Debatte wird immer wieder von aufgepeits­chtem Streit ersetzt, in dem einzelne Gruppen nur noch ihre eigene Meinung gelten lassen. Deshalb war es gut, dass sowohl der scheidende Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble als auch seine Nachfolger­in Bärbel Bas die Vorbildfun­ktion des Bundestage­s herausgest­ellt haben. In einer Zeit, in der immer weniger Menschen andere Meinungen ertragen mögen, muss die – auch pointierte – Debatte im Parlament die Möglichkei­t freier Meinungsbi­ldung vorführen.

Längst befindet sich die Welt in einem Systemwett­bewerb. China hält den Kommunismu­s für überlegen, setzt die repräsenta­tive Demokratie zunehmend unter Druck. Bezeichnen­d ist, dass der Bundestag nun die größte Volksvertr­etung nach dem chinesisch­en Volkskongr­ess ist, weil die deutschen Parlamenta­rier nicht in der Lage waren, sich auf ein vernünftig­es Wahlrecht zu verständig­en. Der 20. Bundestag wird das schnell angehen und lösen müssen, wenn er den Lackmustes­t des Demokratie­erhalts bestehen will.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany