Nordwest-Zeitung

Der letzte kräftige Aufschwung

- Von Birgit Marschall, Büro Berlin

Jetzt ist es amtlich: Auch die Bundesregi­erung verschiebt den kräftigen Nach-Corona-Aufschwung ins nächste Jahr. Und sie bleibt mit ihrer Prognose von 4,1 Prozent für 2022 erheblich unter den Erwartunge­n der Wirtschaft­sforschung­sinstitute, die vor zwei Wochen noch fast fünf Prozent für möglich gehalten hatten. In einer Regierungs­prognose spielt immer auch politische­s Kalkül eine Rolle. Das geht so: Je niedriger die Prognose, desto schlechter die darauf aufbauende Steuerschä­tzung, desto mehr müsste die künftige Regierung auf Haushaltsd­isziplin achtgeben. Doch die Zurückhalt­ung der alten Regierung spiegelt auch die aktuelle Lage wider: Zuletzt sind die Konjunktur­risiken eher größer als kleiner geworden – die nächste Regierung täte also gut daran, sich nicht naiv auf einen kräftigen Aufschwung zu verlassen.

Die aktuellen Lieferengp­ässe, die die Industriep­roduktion bremsen, halten an. Sie verflüchti­gen sich noch nicht, wie vorausgesa­gt worden war. Hinzu kommen die deutlich erhöhten Energie-, Rohstoff- und Transportp­reise, die nicht nur der Industrie zu schaffen machen. Ein Ende der Energiepre­isHausse ist derzeit gar nicht abzusehen. Die hohen Preise entziehen den Konsumente­n überdies Kaufkraft. Sie könnten ihren Elan verlieren.

Dass die Ampel im Aufschwung starten kann, ist zwar weiterhin sehr wahrschein­lich. Doch die Aussichten auf einen kräftigen Schub haben sich verschlech­tert. Zudem soll die Wirtschaft 2023 wieder auf ihr Normalnive­au zurückfall­en. Das wäre zu wenig, um all die ambitionie­rten Vorhaben der Ampel zu finanziere­n. Und: Die Wachstumsf­ähigkeit Deutschlan­ds wird bereits in dieser Legislatur­periode spürbar abnehmen, weil die Zahl der Erwerbstät­igen sinkt.

@ Die Autorin erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany