Rita Süssmuth: „Das wurde höchste Zeit“
Mit Bärbel Bas (SPD) ist erstmals seit mehr als 20 Jahren wieder eine Frau zur Bundestagspräsidentin gewählt worden. Damals hatte das Amt Rita Süssmuth inne. Sie rät Bas, auf ihre Stärken zu vertrauen.
Frau Süssmuth, mit Bärbel Bas ist eine Frau Bundestagspräsidentin geworden. Wie zufrieden sind Sie? Süssmuth: Das wurde höchste Zeit. Das Grundgesetz hat die Gleichberechtigung verankert, die politische Umsetzung erfolgte nicht. Jahrzehntelang waren keine zehn Prozent Frauen in einflussreichen Positionen. Es gibt heute gut qualifizierte und fähige Frauen. Sie sind da, und sie lassen sich auch wählen. Ich bin sehr zufrieden. Auch über die Wahl der Vizepräsidentinnen.
Wird aus ihrer Erfahrung heraus Frau Bas in ihrem Amt härter bewertet werden als ein Mann?
Süssmuth: Für Frauen ist es grundsätzlich nicht härter. Aber, auch Frau Bas wird genauer beobachtet werden. Frauen sollten sich nicht irritieren lassen, auf ihre Stärken vertrauen. Fehler machen wir alle. Wir brauchen mehr Fehlertoleranz. Und Schwächen zu Stärken verwandeln, auch das können Frauen.
Was wird sich durch eine Bundestagspräsidentin ändern? Süssmuth: In einer Zeit, in der vieles ins Schwanken gerät, vom Klima über die Energie
bis hin zur Wohnungsversorgung, ist es ganz wichtig, dass Männer und Frauen das gemeinsam machen. Ich war immer empört, als es in der Corona-Krise hieß, nun sind vor allem die Frauen systemrelevant. Sie waren es immer. Und in der Pflege erst recht.
Was bedeutet das für die parlamentarische Beteiligung? Süssmuth: Macht heißt in unserer Demokratie, Beteiligung an der Gestaltung unserer Welt. Frauen bringen andere Erfahrungen ein. Deswegen müssen wir die paritätische Beteiligung der Frauen in den Parlamenten jetzt lösen und nicht erst in fünf oder zehn Jahren.
Welchen Rat haben Sie denn für Wolfgang Kubicki, der nun einziger Mann im Bundestagspräsidium ist? Süssmuth: Ich halte es mit Wolfgang Kubicki selbst. Er wird sagen: Das schaffe ich auch schon.