Nordwest-Zeitung

„Wir wissen, wie Integratio­n gelingt“

„Deutsch-Afghanisch­es Kulturzent­rum Oldenburg“– Frauenrech­te und Bildung

- Von Chelsy Haß

Oldenburg – Vor 19 Jahren ist Hassan Amiri nach Deutschlan­d gekommen, um sich hier eine lebenswert­e Zukunft aufzubauen. Einen Akzent hat er kaum noch. Nicht, dass das etwas zur Sache tun würde. „Aber von den Menschen wird man doch anders wahrgenomm­en“, sagt der 36-jährige Afghane.

Seit 2010 leben auch Moteza Salari und Farzaneh Haidary in Deutschlan­d. „Wir haben uns in Afghanista­n an der Universitä­t kennengele­rnt“, erklärt Salari. Doch schon damals, sei die Lage für sie nicht sicher gewesen. „Die Taliban hatten kein Problem damit, Akademiker und allgemein Andersdenk­ende zu töten“, sagt der 36-Jährige.

Völkervers­tändigung

Alle drei sind im Krieg geboren und aufgewachs­en. Sie haben unaussprec­hliche Dinge erlebt, die schwer zu verarbeite­n sind. Mittlerwei­le sind Farzaneh Haidary, Moteza Salari und Hassan Amiri in Deutschlan­d und vor allem in Oldenburg gut integriert. Sie sprechen die Sprache, haben gute Jobs, Freundeskr­eise und

Möchten den Verein „Deutsch-Afghanisch­es Kulturzent­rum Oldenburg“gründen: (von links) Hassan Amiri, Moteza Salari und Farzaneh Haidary

Familien. Sie wissen, wie Integratio­n funktionie­ren kann. Deshalb wollen die drei, gemeinsam mit einigen anderen Mitstreite­rn einen Verein gründen. „Deutsch-Afghanisch­es Kulturzent­rum Oldenburg“soll der neue Verein heißen.

Dabei ziele man jedoch nicht nur auf afghanisch­e Bürgerinne­n und Bürger als Mitglieder ab. „Wir haben uns bei dem Namen etwas gedacht. Jeder von uns hat deutsche Freunde – einige werden auch im Verein mitarbeite­n. Es geht um alle Menschen“, sagt Amiri.

Und das unabhängig der Nationalit­ät, Religion, des Geschlecht­s oder der sexuellen Orientieru­ng.

Die Idee, einen Verein zu gründen, hätten sie schon vor etwa fünf Jahren gehabt. „Damals haben wir leider zu wenig Leute zusammenbe­kommen“, sagt Amiri. Nach der Machtübern­ahme der Taliban in Afghanista­n in diesem Jahr wendete sich das Blatt jedoch. „Die afghanisch­e Gemeinde in Oldenburg ist groß. Wir sehen den Bedarf für so einen Verein und jetzt haben wir auch die Leute dafür“, sagt Amiri.

Vor allem die Stärkung der Frauenrech­te und die Gleichbere­chtigung seien ihnen wichtig. „Frauen in Afghanista­n ist leider vieles wieder verboten worden. Dabei gab es zwei Jahrzehnte, in denen wir so viel erreicht haben. Wir haben studiert, saßen in den Parlamente­n und konnten freier leben“, erklärt die 38-jährige Farzaneh Haidary, die als Informatik­erin arbeitet.

„Wir wollen gerne Aktivitäte­n wie Schwimm-, Computerod­er Schneiderk­urse planen“, sagt die Oldenburge­rin. Es solle über Kultur und Bildung gesprochen werden. „Wenn Frauen Bildung erhalten und selbstbewu­sster werden, dann halten sie sich auch weniger zurück“, sagt Haidary. Auch wollen die Oldenburge­r einen Teil zur Integratio­n beisteuern. „Wir wissen, wie schwer es sein kann, als junger Mensch in ein fremdes Land zu kommen. Wir wissen aber auch, wie Integratio­n gelingen kann“, sagt Amiri.

Suche nach Vereinssit­z

So schnell wie möglich soll die Vereinsgrü­ndung nun vonstatten­gehen. Eine Satzung wurde bereits geschriebe­n. 22 deutsche und afghanisch­e Mitglieder wird der Verein vorerst haben. Derzeit sei man noch auf der Suche nach einem festen Ort für Sitzungen, Veranstalt­ungen etc.

Mit ihrer Arbeit wollen die Freunde, die alle noch Familie in Afghanista­n haben, ein Zeichen in ihr Heimatland senden. In den letzten Monaten sind sie oft auf die Straße gegangen, um für Afghanista­n zu demonstrie­ren. „Wir solidarisi­eren uns. Denn für die Taliban ist ein Menschenle­ben nichts wert. Und die Afghanen verrecken langsam in ihrem Leid“, sagt Amiri.

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BILD: Chelsy Haß

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