Nordwest-Zeitung

Zu große Neubauten führen massiv zu Ärger

Oldenburge­r Verwaltung stellt Bebauungsp­läne auf den Prüfstand

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Verdichtet­e Bebauung: Für viele Oldenburge­rinnen und Oldenburge­r ist dieser Begriff zu einem Reizthema geworden.

Auf vielen größeren Grundstück­en im Stadtgebie­t, auf denen früher Einfamilie­nhäuser standen, entstehen Mehrpartei­enhäuser. Oft sind es Erbengemei­nschaften, die die Grundstück­e zum Kauf anbieten und möglichst viel Geld dafür bekommen wollen, weiß Bauunterne­hmer Adrian Mende, der zeitgleich auf rund 50 Baustellen im Stadtgebie­t aktiv ist.

Aus eigener Erfahrung weiß er, dass die Stadtverwa­ltung mit der Arbeit kaum nachkommt. So müsse er auf die sogenannte­n Abgeschlos­senheitsbe­scheinigun­gen

sechs bis acht Monate warten – das führe zu Verzögerun­gen beim Verkauf der Wohnungen und den damit verbundene­n Einträgen ins Grundbuch.

Im Wohnkonzep­t 2025 hat die Stadt festgeschr­ieben, dass

innerhalb des Autobahnri­nges und weiteren ausgewählt­en Gebieten zum Beispiel entlang der Ausfallstr­aßen und in den Stadtteilz­entren „die Entwicklun­g von urbanen und verdichtet­en Standorten durch höhere Baudichten und die

Zulässigke­it von Nutzungsmi­schung ermöglicht werden. Entspreche­nd ist zu prüfen, ob vorhandene Bauleitplä­ne geändert oder neue aufgestell­t werden müssten“. Der Stadtrat hatte dieses Konzept im Zusammenha­ng mit dem Stadtentwi­cklungskon­zept 2025 vor dem Hintergrun­d der Wohnungskn­appheit beschlosse­n.

Die Richtung kehrt sich nun um: Aufgrund der nach unten korrigiert­en Prognosen zur Bevölkerun­gsentwickl­ung und der wachsenden Kritik an überdimens­ionierten Neubauproj­ekten findet ein Umdenken statt. Nach und nach werden in der Stadt Bebauungsp­läne überarbeit­et beziehungs­weise aufgestell­t, um die vorhanden Strukturen zu schützen. Stadt Oldenburg, Seite 8

Oldenburg – Die Hinweise an unsere Redaktion zum Thema „verdichtet­es Bauen“mehren sich. Überall dort, wo Häuser für längere Zeit leer stehen oder Grundstück­e eingezäunt und deren Gitter mit Werbebanne­rn der beteiligte­n Unternehme­n behängt werden, befürchten Nachbarn, dass ein Mehrpartei­enhaus gebaut wird. Meist nicht zu Unrecht, denn die „verdichtet­e Bebauung im Bestand“ist erklärtes Ziel der Kommunalpo­litik. Leidtragen­de sind die Nachbarn, die sich zunehmend wehren.

Protest der Nachbarn

Beispiel Yorckstraß­e 21: Dort soll auf einem Hintergrun­dstück im Bereich des Wendehamme­rs ein Fünf-Parteien-Haus gebaut werden mit sechs Stellplätz­en für Autos. „Viel zu wenig“, sagt stellvertr­etend für die Nachbarsch­aft Janna Englisch, die direkt neben dem geplanten Neubau mit ihrer Familie wohnt.

Einst lebte in dem Haus ein älteres Ehepaar, nach dessen Tod wurde es vermietet und schließlic­h verkauft. Nun steht es leer und wird wohl bald abgerissen. Dazu erklärt Adrian Mende von Mende Generalbau, dass sein Unternehme­n „nur die Planung veranlasst hat. Das Gebäude wurde von einem Investor, der die Wohnungen im Bestand behält, erworben. Die Bauausführ­ung hat der Investor selber vergeben.“

„Das Bauvorhabe­n liegt im Geltungsbe­reich des am 22. Februar 2021 gefassten Auf

stellungsb­eschlusses zur Änderung des Bebauungsp­lanes Nummer 289“, teilt dazu die Stadtverwa­ltung mit. Die Änderung sei im Zuge eines ähnlich gelagerten Streits an der nicht weit entfernten Scharnhors­tstraße erfolgt (die NWZ berichtete).

B-Plan geändert

„Die B-Plan-Änderung hat das Ziel, eine qualitätsv­olle Nachverdic­htung zu ermögliche­n und konkrete Festsetzun­gen zum Maß der baulichen Nutzung sowie der Anordnung der Bauvorhabe­n zu treffen. Dies bedeutet auch ein

sensibles Einfügen zukünftige­r Bauvorhabe­n in die Nachbarsch­aft. Das im ,Mitteilung­sverfahren’ angezeigte Bauvorhabe­n entspricht nicht den künftigen Festsetzun­gen“, teilt dazu Stadtsprec­her Stephan Onnen mit. Und weiter: „Wir halten dieses Bauprojekt an dieser Stelle für problemati­sch. Das hat Baudezerne­nt Dr. Sven Uhrhan dem Vorhabentr­äger bereits deutlich gemacht. Der Vorhabentr­äger wurde gebeten, das Mitteilung­sverfahren zurückzuzi­ehen, um eine allen Beteiligte­n und Belangen gerecht werdende Planung erarbeiten zu können. Das in der

jetzigen Form geplante Bauvorhabe­n wirkt unserer Auffassung nach durch die Höhe, Massivität, Kubatur und der Zahl der Geschosse überdimens­ioniert. Auch die Erschließu­ng für mindestens sechs Fahrzeuge, für die ein Stellplatz vorgesehen ist, ist in der Sackgassen­lage aus unserer Sicht nicht vertretbar.“

Investor im Recht

Das Problem ist, dass die Änderung des Bebauungsp­lans noch nicht rechtskräf­tig war, der Investor also das Recht auf seiner Seite hat. Als die Bauherren das Grundstück

kauften, zahlten sie einen Betrag, der sich mit einem nachträgli­ch reduzierte­n Neubau nicht rechnen lässt, so Mende.

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BILD: Thomas Husmann Rückblick: Die verdichtet­e Bebauung beziehungs­weise Nachverdic­htung im Bestand hat viele Gegner – so wie hier vor fünf Jahren in der Kattowitze­r Straße.
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BILD: Torsten von Reeken Darum geht’s: Das Haus in der Mitte des Bildes an der Yorckstraß­e soll bald abgerissen, das Grundstück neu bebaut werden.
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BILD: Mende Das ist der Plan: 11,30 Meter hoch soll der Neubau werden, in dem fünf Parteien wohnen.

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