Walter-Borjans hört auf
Neuwahl im Dezember – Die Nachfolgekandidaten
Berlin – Mitten in den Koalitionsverhandlungen hat SPDChef Norbert Walter-Borjans seinen Rückzug von der Parteispitze angekündigt. Der 69Jährige will sich beim Parteitag im Dezember nicht erneut um den Parteivorsitz bewerben. „Jetzt sollen mal Jüngere ran“, sagte Walter-Borjans der „Rheinischen Post“(Samstag).
Die Nachfolge blieb am Freitag unklar. Kanzlerkandidat Olaf Scholz will nicht an die SPD-Spitze rücken, wie er am Rande von Beratungen der G20-Staaten in Rom deutlich machte. Die SPD werde darüber gemeinsam entscheiden. „Das ist keine schwierige Aufgabe“, sagte Scholz. „Klar ist aber auch, dass ich mich auf das konzentriere, wofür ich von den Bürgerinnen und Bürgern einen Auftrag bekommen habe, nämlich eine Regierung zu bilden. Und der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.“
Walter-Borjans sagte: „Für mich war mit dem Vorsitz von vornherein keine weitere Karriereplanung verbunden, sondern das Ziel, die Partei auf Kurs zu bringen.“In einem Rundschreiben an die Vorstandsmitglieder drückte der frühere NRW-Finanzminister Genugtuung aus. Er habe das Gefühl, „mit dazu beigetragen zu haben, dass es gut läuft“, so Walter-Borjans.
Über einen Wunsch-Nachfolger oder eine WunschNachfolgerin sagte der scheidende SPD-Chef nichts. Er sei aber dagegen, dass die Parteiführung ins neue Kabinett gehe. „Ein Regierungsmitglied
als Parteichefin oder Parteichef ist notwendigerweise immer ein Stück Regierungssprecher“, sagte Walter-Borjans.
Die Co-Parteichef Saskia Esken hatte angekündigt, dass sie eine weitere Amtszeit anstrebe. „Für mich kann ich sagen, ich habe noch eine Agenda vor mir“, hatte Esken im August gesagt. Nun dankte die Baden-Württembergerin dem Rheinländer: „Lieber Norbert, ich bin Dir unendlich dankbar für die gemeinsame Zeit!“
2019 gewählt
Walter-Borjans war 2019 gemeinsam mit Esken bei den SPD-Mitgliedern als Sieger einer aufwendigen Kandidatenkür hervorgegangen. Der frühere NRW-Finanzminister und die bis dahin einer breiteren Öffentlichkeit unbekannte Abgeordnete hatten in einer Stichwahl die Mitbewerber Olaf Scholz und die Brandenburger Politikerin Klara
Geywitz aus dem Feld geschlagen. Auf einem Parteitag wurden Esken und Walter-Borjans eine Woche darauf bestätigt – mit 75,9 beziehungsweise 89,2 Prozent.
Klingbeil als Anwärter
Als möglicher Anwärter für den Vorsitz gilt Generalsekretär Lars Klingbeil, unter dessen Leitung die SPD-Wahlkampagne die Partei zum Sieg führte. Der Niedersachse gilt auch als Kandidat für einen Ministerposten. Auch der frühere Juso-Chef und SPD-Vize Kevin Kühnert wird immer wieder genannt, gilt aber manchen in der Partei noch mangels weiterer früherer Ämter als zu unerfahren. Laut Satzung könnte die SPD nach zwei Jahren auch wieder von der Doppel- zu einer einfachen Spitze zurückkehren. Planmäßig neu gewählt wird sie bei einem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember.