Eine Grüne übernimmt das Lüneburger Rathaus
Claudia Kalisch löst Ulrich Mädge (SPD) ab
Lüneburg – Historischer Machtwechsel im Lüneburger Rathaus: Erstmals übernimmt eine Frau den Staffelstab von dem langjährigen SPD-Oberbürgermeister Ulrich Mädge. Noch dazu ist die zielstrebige Claudia Kalisch für die Grünen ins Rennen gegangen – neben Hannover ist die Hansestadt nun die zweite große Stadt in Niedersachsen mit einem grün geführten Rathaus. „Fünf vor zwölf ist längst vorbei“, sagt Kalisch und will in ihrer fünfjährigen Amtszeit Themen wie Verkehrsberuhigung der überlasteten Innenstadt und bezahlbaren Wohnraum „ernsthaft angehen“. Wegen der Nähe zu Hamburg steigen Mieten und Immobilienpreise ständig.
Ruf nach Veränderung
Die 49-Jährige kam 1993 zum Studium der Umweltwissenschaften in die Hansestadt, sammelte seit 2016 Erfahrungen als Bürgermeisterin der kleinen Samtgemeinde Amelinghausen. Der Chefsessel in Lüneburg steht allerdings mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Lüneburg wird sich ändern, die Frage ist, wie rigoros Kalisch die etwa 78 000 Einwohner zählende Stadt umkrempeln will. Eine reine Fahrradstadt fürchten Senioren und Geschäftsleute, doch die gebürtige Bonnerin ist sich sicher: „Lüneburg ruft nach einem Wandel.“
In einem modernen Verkehrsplan dürfe es nicht nur um Autos und Parkplätze gehen. Mit einem verlässlichen Nahverkehr sollen die Menschen aus der Bequemlichkeit gelockt werden. Das Thema Klima müsse bei jeder Entscheidung eine Rolle spielen, damit die Stadt 2030 klimaneutral wird.
Abschied mit Groll
Kalisch wirbt auch für Bürgerbeteiligungen und will über Parteigrenzen hinweg Projekte anschieben. Das war zuletzt lange nicht möglich, viele Fronten im Rat der Stadt hatten sich verhärtet. Nach 30 Jahren hört Vorgänger Mädge aus Altersgründen auf, auch wenn es dem etwas knorrigen Politiker schwerfällt. Förmlich gratulierte der 71-Jährige seiner Nachfolgerin per Brief – eine herzliche Übergabe oder gar Einarbeitung wird es nicht geben.
Ein offenes Rathaus verspricht Kalisch, die für mehr Kommunikation und Miteinander stehen will. Keinen Hehl macht sie daraus, dass einiges anders werden wird. Vermutlich werde der Haushalt umgekrempelt werden müssen, sagt die gebürtige Rheinländerin. Sie weiß: „Veränderung erzeugt immer auch Widerstand.“