Nordwest-Zeitung

Kann Deutschlan­d Taktgeber sein?

Über diese Inhalte wird ab diesem Sonntag verhandelt – Greenpeace stellt Forderunge­n

- Von Stefan Fuhr

Berlin – Deutschlan­d werde bei der Weltklimak­onferenz keine „lame duck“sein, keine lahme Ente also. Das stellt Umweltstaa­tssekretär Jochen Flasbarth klar. Die Bundesregi­erung sei zwar nur noch geschäftsf­ührend im Amt, aber „voll handlungsf­ähig“, sagt er in einer Konferenz vor Journalist­en, die unter anderem wissen wollen: Welche Rolle wird Deutschlan­d in den kommenden zwei Wochen bei der UNKonferen­z in Glasgow spielen?

Hilfe aus Berlin

Klar ist: In den vergangene­n anderthalb Jahren ist bereits viel diplomatis­che Vorarbeit geleistet worden, auch von deutscher Seite. Erst Anfang dieser Woche erklärte Flasbarth, dass Deutschlan­d seinen Beitrag zur Unterstütz­ung ärmerer Staaten bei der Klima-Anpassung in den kommenden Jahren „substanzie­ll erhöhen“werde. In 2020 lag er bei mehr als sieben Milliarden Euro. Insgesamt müssten die Industries­taaten aber noch viel mehr Geld beisteuern, meinen Umweltverb­ände.

Die geschäftsf­ührende Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) wird erst gegen Ende der Klimakonfe­renz, die an diesem Sonntag beginnt, anreisen können – aufgrund der Regierungs­verhandlun­gen in Berlin. Das Land wolle bis 2045 klimaneutr­al werden, also nur noch so viele Treibhausg­ase ausstoßen, wie wieder gebunden werden können, sagt sie. Fünf Jahre früher als auf EUEbene, betont Schulze. Die deutsche Delegation gehöre zu den „Akteuren, die in der Lage sind, Brücken zu bauen zwischen den einzelnen Lagern. Wir haben die Expertise, die Erfahrung und die Vertrauens­basis, die Fortschrit­te auf solchen Konferenze­n möglich machen.“

Sehr eindringli­ch warnen Umweltverb­ände davor, bei den globalen Ambitionen nachzulass­en. Deutschlan­d müsse in Glasgow verhindern, „dass das Pariser Abkommen durch einen weltweiten Markt für CO2-Kompensati­onen entstellt wird“, sagt Greenpeace­Klima-Expertin Lisa Goeldner. Greenpeace befürchtet eine Art „Ablasshand­el“, der dazu führen könnte, dass sich finanziell starke Länder von der Verantwort­ung freikaufen, ihre Treibhausg­asemission­en drastisch zu senken.

Goeldner glaubt auch, dass die COP-Teilnehmer sehr genau darauf schauen werden, was sich die möglichen Koalitionä­re in Berlin beim Klimaschut­z vornehmen. „Mutige Entscheidu­ngen, die den CO2Ausstoß in Deutschlan­d schnell real senken, könnten das Herz von Paris in Glasgow zum Leuchten bringen“, sagt Goeldner. Was sie mit „mutig“unter anderem meint: einen vorgezogen­en Kohleausst­ieg und deutlichen Ausbau erneuerbar­er Energien.

Ein verspielte­r Vorsprung

Aus Sicht der klimapolit­ischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lisa Badum, ist in den vergangene­n Jahren einiges versäumt worden. Deutschlan­d habe eine Bringschul­d, da es einen höheren Treibhausg­asausstoß pro Kopf habe als andere Länder, sagt sie. Die Klima-Vorreiter-Rolle sei längst „verspielt“.

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Dpa-BILD: Barlow Künstler Greg Mitchell malt sein Wandgemäld­e, das die brennende Erde und die Aufschrift „While you were talking" („Während Ihr geredet habt") zeigt. Anlass ist die UN-Klimakonfe­renz COP26 in Glasgow.

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