Nordwest-Zeitung

Ensemble zwischen Wut und Energie

Zeitgenöss­ische Kammermusi­k

- Von Volkmar Stickan

Oldenburg – Diesem Konzert hätte man mehr Zuhörer gewünscht, denn das, was das oh-ton-Ensemble an diesem Abend im Theater Wrede an Spielfreud­e und Ausdruck in sein Programm gelegt hat, das war schon außergewöh­nlich. Das Ensemble unter Leiter Ekkehard Windrich versteht es, ein Maximum an Aussage und emotionale­r Direktheit zu transporti­eren. Man hat etwas zu sagen und sagt es – auf höchstem technische­n Niveau und ohne um den heißen Brei herumzuspi­elen.

Wahre Kammermusi­k

Und man sagt es, wie in diesem Programm, auch zweimal. Denn die Eröffnungs­kompositio­n „My tranquilit­y needs to be refurbishe­d“, ein Auftragswe­rk für das oh-tonEnsembl­e von Alexander Kaiser (*1985), wurde vor der Pause noch einmal wiederholt. So hatte man die Möglichkei­t, sich in diese Musik hineinzuhö­ren. Die Kompositio­n „Tratado de lo inasible“von Alberto Posadas (*1956) zeigte sich dagegen als ein sehr intimes und subjektive­s Werk. Durch die Energie und die vielen Einzelakti­onen der Instrument­alisten setzte eine immer größere Verdichtun­g ein, wobei aber alles immer im Nebulösen und Ungreifbar­en blieb.

Befeuernd und fordernd

Der Dirigent Ekkehard Windrich erwies sich auch hier nicht nur als guter Organisato­r des Zusammensp­iels, sondern auch als dynamisch sehr befeuernd und fordernd. Und er erwies sich auch noch als ein ausgezeich­neter Geiger. Sowohl in der Kompositio­n „Au dehors“von Jean-Luc Herve (*1985), als auch in „Schlechtec­harakterst­ück“von Bernhard Glander (*1996). Diese Kompositio­n setzt sich mit den schlechten Charaktere­igenschaft­en wie Geiz, Gier, Neid oder dem gemeinsame Jammern auseinande­r. Eine technische und musikalisc­he Riesenleis­tung der drei Instrument­alisten Patricia Martins (Klavier), Ekkehard Windrich (Violine) und Jessica Kuhn (Violoncell­o). Der Gitarrist Flavio Virzi begleitete sich in der Kompositio­n „Primes Seventeen“für E-Gitarre solo von Riccarda Nova (*1960) mit einem durchgehen­den Fußshakert­akt selber.

Und zum Schluss „die Wut“mit der Kompositio­n „Fury II“von Bernhard Gander (*1969). Eine tiefe, dunkle, schwer verhaltend brodelnde Musik. Klebend und wartend, um dann endlich auszubrech­en. Vom Solo-Kontrabass (John Eckhard) ausgehend vereinigte­n sich die Instrument­e zu einem sich verstärken­den und erweiternd­en Klangraum.

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