Nordwest-Zeitung

Wilhelmsha­ven wird Energie-Drehscheib­e

Netzbetrei­ber Tennet schlägt Verteilkre­uz für Offshore-Windkrafta­nlagen in der Nordsee vor

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Wilhelmsha­ven/Bremen – Der Netzbetrei­ber Tennet will mit einer neuen Technik die Leistungen von Offshore-Windparks in der Nordsee bündeln und schneller ins Stromnetz einspeisen. Dafür sollen Verteilerk­reuze entstehen. Drei Anlandepun­kte sind vorgesehen: in Wilhelmsha­ven, im Norden von Bremen und in Heide (Schleswig-Holstein). Hintergrun­d des Konzepts ist der beschleuni­gte Ausbau der Offshore-Windkraft, um die Klimaschut­zziele zu erreichen. Tennet-Geschäftsf­ührer Tim Meyerjürge­ns stellte das sogenannte „Windstrom-Booster“am Freitag gemeinsam mit Vertretern der Nordsee-Anrainerbu­ndesländer vor.

Bisher wurde Windstrom von den einzelnen Windparks jeweils über eine Leitung an Land gebracht. Künftig sollen mehrere Windparks bereits auf See an ein Verteiler-Kreuz angeschlos­sen werden. Tennet schlägt vor, in einem ersten Schritt drei Offshore-Parks mit einer Leistung von je zwei Gigawatt zu verbinden. Das entspreche der Leistung von sechs großen Kraftwerke­n. Mit diesem Konzept könnten die sechs Gigawatt bereits 2032, also drei Jahre eher als geplant, ans Netz gehen.

Darum geht es

Die Vorteile

Das Konzept erlaube es, schneller erneuerbar­e Energie zu liefern, sagte Tennet-Geschäftsf­ührer Meyerjürge­ns. Die ambitionie­rten Klimaziele könnten schneller erreicht werden. Gleichzeit­ig würde weniger Natur und Umwelt an Land in Anspruch genommen. Das Verteilkre­uz gut 150 Kilometer vor der niedersäch­sischen Küste wäre der Grundstein für eine „Vermaschun­g“des Gleichstro­mnetzes. Auch Windparks weiterer Nationen könnten angeschlos­sen werden. Das erhöhe die Effizienz und die Versorgung­ssicherhei­t. Dies sei wichtig, da die deutschen Offshore-Windpotenz­iale nicht ausreichen werden, um die deutschen Klimaziele bis 2045 zu erreichen.

Das sagt die Politik

Von einem „wichtigen Signal“sprach Niedersach­sens Umweltund Energiemin­ister Olaf Lies (SPD). „Wir müssen schneller werden beim Netzausbau.“Der Bremer Staatsrat Kai Stührenber­g (Linke) und Schleswig-Holsteins Energiewen­deminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) würdigten den vernetzten Ansatz. Auch der Oldenburge­r Energiedie­nstleister EWE begrüßte das Tennet-Konzept.

■ Der Nordwesten „Wilhelmsha­ven wird eine Energie-Drehschein­e 2.0“, sagte Lies. Hier komme der grüne Strom der Offshore-Windanlage­n an Land; hier könne grüner Wasserstof­f erzeugt und ins Netz eingespeis­t werden. Die künftige Multitermi­nalStruktu­r würde bei diesem Konzept weniger Fläche in Anspruch nehmen. Das hätte direkte Vorteile für geplante Vorhaben vor Ort. Der Energiemin­ister sprach von neuen Wertschöpf­ungspotenz­ialen durch Klimaschut­z. In Wilhelmsha­ven könnten bis 2040 bis zu 60 Gigawatt aus OffshoreWi­ndanlagen ankommen.

■ So geht es weiter Tennet-Geschäftsf­ührer Meyerjürge­ns spricht von einem „Angebot“an die Politik, damit die Klimaziele erreicht werden können. Die Bundesnetz­agentur und die neue Bundesregi­erung müssten jetzt die Weichen stellen, um den Offshore-Ausbau zu beschleuni­gen. Bislang wurde noch keiner der Windparks gebaut, die später ans Verteilerk­reuz angeschlos­sen werden sollen. Das Bundesamt für Seeschifff­ahrt und Hydographi­e habe bislang lediglich die Flächen ausgewiese­n. Der Bau einer Plattform fürs Booster dauere mindestens fünf Jahre.

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