Nordwest-Zeitung

Windpocken mit ernsthafte­n Folgen

Experten geben Tipps zum Thema „Gürtelrose“– Impfung möglich

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Im Nordwesten – Eine Gürtelrose geht einher mit bläschenfö­rmigem, juckenden Hautaussch­lag und kann starke Nervenschm­erzen verursache­n. Dauern die Schmerzen auch nach Abklingen des Hautaussch­lags an – oft über Wochen, Monate oder gar Jahre – hat sich eine Post-ZosterNeur­algie entwickelt, die einer gezielten Therapie bedarf. Die Ursache der Gürtelrose sind Herpes-zoster-Viren, die meist schon in der Kindheit mit einer Windpocken­erkrankung in den Körper gelangt sind und dort Jahrzehnte überdauern, bis eine Schwächung des Immunsyste­ms sie reaktivier­t.

Mehr als 95 Prozent der über 60-Jährigen tragen das Virus in sich, das diese Krankheit auslösen kann. Wie eine Gürtelrose behandelt wird, wie man sich mit einer Impfung davor schützen kann und wer zu den Risikogrup­pen zählt, dazu informiert­en am Lesertelef­on Experten der der Deutschen Gesellscha­ft für Schmerzmed­izin (DGS) in Zusammenar­beit mit GSK. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

Warum wird eine Gürtelrose oft zu spät erkannt?

Dr. Oliver M.D. Emrich: Das Auftreten von Schmerzen und Gefühlsstö­rungen im Ausbreitun­gsgebiet der betroffene­n Nerven fällt häufig nicht mit den für die Gürtelrose typischen Hautveränd­erungen zusammen. Zu Beginn sind die Hautveränd­erungen zudem leicht mit Insektenst­ichen oder Ekzemen zu verwechsel­n. Nervenschm­erzen und Gefühlsstö­rungen können schon Tage vor den Hautersche­inungen, während, erst danach, gar nicht oder ganz ohne Hautveränd­erungen auftreten.

Zur Diagnose führt aber in der Regel erst die „Rose“, also das Auftreten von Bläschen in einem Nervenausb­reitungsge­biet, dem „Gürtel“. Am häufigsten sind Brustkorb, Bauch oder Rücken betroffen, aber auch am Kopf, an Armen und Beinen kann die Gürtelrose auftreten.

Wie sieht die Behandlung aus, wenn es zu einer Post-ZosterNeur­algie (PZN) kommt? Jan Meier: Bei frühzeitig­er intensiver Behandlung kann oft die Entstehung eines langanhalt­enden chronische­s Schmerzes vermieden werden. Betroffene sollten daher zeitnah zu einem Schmerzthe­rapeuten Kontakt aufnehmen, um eine rasche Schmerzred­uktion zu erreichen und einer Chronifizi­erung der Schmerzen vorzubeuge­n.

Die Schmerzthe­rapie besteht in der Regel aus einer Kombinatio­n von zwei bis drei Medikament­en aus verschiede­nen Schmerzmit­telklassen. Wenn die Bläschen abgeheilt sind, können Medikament­e auch topisch – also direkt auf der Haut – angewandt werden. Dazu zählen Mittel zur örtlichen Betäubung sowie Capsaicinp­flaster, die ein konzentrie­rtes Chili-Extrakt enthalten.

Welche Komplikati­onen können außer einer PZN noch auftreten?

Dr. Heinrich Binsfeld: Die andauernde­n Nervenschm­erzen sind in der Tat nicht die einzige Komplikati­on, die bei einer Gürtelrose auftreten kann. Besonders wenn Nerven im Gesichtsbe­reich betroffen sind, können Veränderun­gen der Hornhaut, Narben der Gesichtsha­ut und Haarwachst­umsstörung­en auftreten. Gravierend ist auch das Risiko einer Hirnhauten­tzündung, einer Hirnentzün­dung oder

einer Rückenmark­sentzündun­g. Und die Gürtelrose ist nicht allein eine Entzündung der Nerven: In den ersten Wochen und Monaten nach einer Herpes zoster-Erkrankung ist das Risiko erhöht, einen Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t zu erleiden.

Kann eine Gürtelrose wiederholt auftreten?

Dr. Oliver M.D. Emrich: Üblicherwe­ise schützt die erworbene Immunität durch die Virusinfek­tion vor einer erneuten Erkrankung – aber nicht immer.

In seltenen Fällen kann man daher zweimal oder gar mehrfach an Gürtelrose erkranken.

Warum kann eine Gürtelrose insbesonde­re für Ältere zum Gesundheit­srisiko werden? Dr. Heinrich Binsfeld: Mit steigendem Alter verliert das Immunsyste­m an Leistungsf­ähigkeit, ein Vorgang, den wir als Immunsenes­zenz bezeichnen. Das bedeutet, das Abwehrsyst­em

des Körpers wird schwächer – man wird anfälliger für Virusinfek­tionen und auch das Risiko einer Reaktivier­ung der Varizella zoster-Viren steigt. Ab einem Alter von 50 Jahren zeigt sich dieser Effekt deutlicher: Ältere werden häufiger krank, erkranken schwerer oder brauchen länger, um gesund zu werden. Welche Risikogrup­pen sind

besonders gefährdet?Dr. Heinrich Binsfeld: Menschen mit einem geschwächt­en Immunsyste­m bekommen häufiger Gürtelrose. Neben den genannten Grunderkra­nkungen kann auch eine immununter­drückende Therapie das Erkrankung­srisiko erhöhen, zum Beispiel bei Rheuma, Asthma bronchiale, Kollagenos­en, HIV-Infektione­n und Tumorleide­n. Grundsätzl­ich ist jedoch der maßgeblich­e Risikofakt­or für die Gürtelrose schlicht das Lebensalte­r.

Wem wird eine Impfung gegen Gürtelrose empfohlen?

Jan Meier: Die Impfung wird von der Ständigen Impfkommis­sion (STIKO) allen Personen ab 60 Jahren empfohlen, Menschen mit schweren Vorerkrank­ungen oder Immunschwä­che wird Sie ab 50 Jahren empfohlen.

Wie viele Impfungen sind erforderli­ch?

Jan Meier: Es sind zwei Impfungen im Abstand von mindestens zwei bis höchstens sechs Monaten erforderli­ch. Es liegen noch keine Daten zur Notwendigk­eit einer Auffrischu­ngsimpfung vor.

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BILD: Coloures-Pic Schmerzen oder Gefühlsstö­rungen gehören oft zu den ersten Symptomen einer ernst zu nehmenden Gürtelrose.

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