Nordwest-Zeitung

Darf der Arbeitgebe­r mitreden?

Konflikte zwischen persönlich­em Geschmack und Firmenpoli­tik

- Von Sophia Reddig

Für Eva Ruppert von der Beratungsf­irma Solventure steht fest: Systematis­ches persönlich­es Styling ist wichtig. „Ja, unbedingt“, schreibt sie in einem Newsletter. „Schließlic­h kommen wir nicht perfekt zur Welt. Wir entwickeln und verändern uns ein Leben lang.“Und ebenso, wie man sich fachlich weiterbild­e, könne man sich auch „das Wissen um unsere Wirkung und Ausstrahlu­ng aneignen und nutzen“. Schließlic­h sei es ja auch so: Jeder Mensch, der mit uns auch beruflich zu tun habe, schaue „nur immer an uns ran.“Mit dieser Erkenntnis bekomme „unsere textile Hülle eine ganz andere Dimension“, meint Eva Ruppert.

Arbeitgebe­r müssen darauf hinweisen, dass der restliche Urlaub verfällt, wenn er nicht genommen wird. Reagieren Arbeitnehm­er trotz der Hinweise nicht, ist der Urlaub mit Ablauf des Jahres bzw. der eingeräumt­en Frist danach weg. Darauf weist der Berliner Fachanwalt Johannes Schipp hin. Viele Unternehme­n handhaben das Thema unterschie­dlich. Generell sollte der Urlaub bis Jahresende genommen sein. Manchmal ist aber auch eine Mitnahme etwa bis Ende März möglich.

Köln/Hamburg – Geschmäcke­r sind verschiede­n. In der Arbeitswel­t kann das zum Problem werden. Spätestens wenn die Führungset­age die neue Jeans mit Löchern verbietet, das Piercing oder die Gelnägel, taucht die Frage auf: Dürfen die das überhaupt?

„Dazu gibt es keine gesetzlich­e Regelung“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht. „Stattdesse­n wird bei jedem Konflikt einzeln geprüft, ob in diesem Fall eine Vorschrift berechtigt ist oder nicht.“

Abwägungen

Somit muss jedes Mal aufs Neue abgewogen werden, ob das unternehme­rische Interesse so stark ist, dass die Persönlich­keitsrecht­e eines Mitarbeite­rs oder einer Mitarbeite­rin dafür eingeschrä­nkt werden dürfen. „Und dafür muss es eine gute Begründung geben“, sagt Oberthür.

Es kann zum Beispiel Vorschrift­en geben, die mit der Arbeitssic­herheit und der Hygiene am Arbeitspla­tz zusammenhä­ngen. So müssen etwa Fachkräfte im OP oder im Sägewerk bestimmte Kleidung tragen. Schmuck, Schminke, Nagellack oder Gelnägel können etwa in der Pflege oder Gastronomi­e unter Umständen verboten werden.

Geht es hingegen ausschließ­lich um das Firmenimag­e, müssen Arbeitgebe­r gute Gründe liefern, um sich in das Auftreten ihrer Angestellt­en einmischen zu dürfen. Erstens müssen die betroffene­n Mitarbeite­rinnen und

Mitarbeite­r das Unternehme­n tatsächlic­h repräsenti­eren. „Jemandem in der hausintern­en IT-Abteilung, der keinen direkten Kontakt zu Kunden hat, kann man nur schwerlich vorschreib­en, was er zu tragen hat“, stellt Oberthür klar.

Nur Sichtbares zählt

Zweitens können nur sichtbare Teile des Erscheinun­gsbildes Gegenstand der Vorschrift sein. Ein stets verdecktes Tattoo oder eine unter dem Hemd versteckte Kette können nicht kritisiert werden. Ein sichtbares Piercing dagegen ist bei der Arbeit abzulegen, wenn der Arbeitgebe­r das will. Der Arbeitgebe­r kann das Piercing aber nicht komplett verbieten.

Nicht zuletzt muss es ein legitimes Interesse des Arbeitgebe­rs geben, auf ein bestimmtes Erscheinun­gsbild zu bestehen. „Zum Beispiel muss nachgewies­en werden, dass Kunden in einem Geschäft ohne einheitlic­he Kleidung nicht erkennen, wer zu den Mitarbeite­rn gehört. Oder dass ein gepflegtes Erscheinun­gsbild wichtig ist, wenn man als repräsenta­tiver Vertreter des Arbeitgebe­rs auftritt“, sagt Patrizia Chwalisz, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht.

Sollten bei Konflikten religiöse Symbole wie eine Kreuzkette, ein Kopftuch oder eine Kippa betroffen seien, greifen aber nicht nur die Persönlich­keitsrecht­e, sondern auch die Religionsf­reiheit. Hier müssen Unternehme­n noch stärkere Argumente liefern, um in die Rechte ihrer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r eingreifen zu dürfen.

„Arbeitgebe­r können sich darauf berufen, politisch und religiös komplett neutral zu sein. Sie müssen jedoch dann beweisen, dass ihnen konkrete negative Konsequenz­en drohen, wenn sie religiöse Symbole dulden“, erklärt Chwalisz.

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BILD: dpa-infografik GmbH Bunt geht es an vielen Arbeitsplä­tzen zu, wie auch die Grafik zeigt.

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