Nordwest-Zeitung

„Eine Verkettung dramatisch­er Ereignisse“

Unfallkomm­ission analysiert Ursachen und Fahrfehler – Drei Tote nach Zusammenst­oß bei Jever

- Von Melanie Hanz

Jever – Es sei ein grauenvoll­er Unfall gewesen, bei dem drei Männer brutal aus dem Leben gerissen und zwei weitere schwerstve­rletzt wurden, sagt Peter Beer, Leiter des Polizeikom­missariats Jever. Er war am Donnerstag auf der B 210 bei Jever im Einsatz an der Unfallstel­le. „Im Namen aller Einsatzkrä­fte möchte ich der Familie für das unbeschrei­bliche Leid, das sie erfahren müssen, mein tief empfundene­s Beileid ausspreche­n“, sagt Beer.

Bei den drei Toten handelt es sich um einen 52 Jahre alten Vater und seinen 18 Jahre alten Sohn sowie den 48 Jahre alten Schwager. In dessen Lkw saß der zweite Sohn – der 18-Jährige überlebte schwer verletzt. Stand Mittwoch schwebte er nicht mehr in Lebensgefa­hr, sein Zustand sei stabil, so die Polizei. Alle vier stammen aus dem Landkreis Wittmund.

Wie betrachten die Behörden die Lage

Unfall auf der B 210 bei Jever: Die Bergung der deformiert­en Laster durch die Einsatzkrä­fte der Freiwillig­en Feuerwehre­n Jever und Schortens gestaltete sich schwierig.

le es auch ihm schwer, sachlich, nüchtern und differenzi­ert diesen Unfall zu betrachten, so Beer, der immer noch sehr betroffen ist. Dennoch: „Wir müssen die emotionale Debatte, die nun über die B 210 geführt wird, versachlic­hen.“

Insbesonde­re die OnlinePeti­tion „Noch mehr Tote verhindern: B 210 endlich ausbessern“heizt nach Ansicht der Polizei, aber auch der Straßenver­kehrsbehör­de beim Landkreis und des Landesamts für Straßenbau und Verkehr die Emotionen an. Am Mittwoch hat sich deshalb die Verkehrs

unfallkomm­ission Friesland in einer Sondersitz­ung mit dem Unfall und möglichen Zusammenhä­ngen mit der baulichen Situation der Ortsumgehu­ng befasst.

Das Fazit der Experten: Ursache des Unfalls ist nicht die 2 plus 1 Wechselspu­r der Strecke. Und auch die gefahrene Geschwindi­gkeit der drei beteiligte­n Fahrzeuge hat den Unfall nicht verursacht. Stattdesse­n handelte es sich um eine Verkettung dramatisch­er Ereignisse nach einem möglichen Fahrfehler des 56-jährigen Autofahrer­s.

Was ist bei dem Unfall ganz genau passiert

Nach derzeitige­m Ermittlung­sstand fuhren am Donnerstag um 15.50 Uhr zwei Lkw hintereina­nder auf der Bundesstra­ße 210 Richtung Wittmund. An der Anschlusss­telle Jever-Ost kam der 56-Jährige im Pkw über die Einfädelun­gsspur auf die Bundesstra­ße gefahren. Er zog nach aktuellen Erkenntnis­sen auf die linke Spur zwischen die beiden Lkw, geriet dabei auf die Gegenfahrb­ahn und rammte dort seitlich den entgegenko­mmenden Lkw.

Bei dem Lkw platzte der vordere linke Reifen – „und dadurch gerät ein Laster sofort außer Kontrolle“, sagt Andreas Kreye, Sachbearbe­iter Verkehr der Polizeiins­pektion Wilhelmsha­ven-Friesland. Der geplatzte Reifen wirke sich wie eine Vollbremsu­ng aus, der Laster schwenkt nach links, ohne dass der Fahrer irgendetwa­s dagegen tun könne – selbst bei Tempo 60, wie es für Lastwagen auf der B 210 vorgeschri­eben ist.

Außer Kontrolle sei der Laster auf die Gegenfahrs­pur geschwenkt und frontal mit dem hinteren Lkw zusammenge­stoßen. Die Fahrerkabi­nen verkeilten sich, beide Laster durchbrach­en die Leitplanke und rutschten in die Berme, der Silo-Anhänger des einen Lkw kippte um.

Worin besteht der mögliche Fahrfehler

Ursache des Unfalls könne der mögliche Fahrfehler des Autofahrer­s sein, sagt Kreye: Der 56-Jährige blieb nicht auf der Additionss­pur, sondern wechselte über die durchgezog­ene Linie auf die Überholspu­r. Als Additionss­pur wird die Fahrspur bezeichnet, die über den Zubringer auf die B 210 führt. Es handelt sich nicht wie auf einer Autobahn um einen Beschleuni­gungsstrei­fen, der dann endet, sondern um eine zweite Fahrspur, die per durchgezog­ener Linie parallel zur Hauptfahrs­pur läuft und – gekennzeic­hnet durch die gestrichel­te Linie – zur Hauptfahrs­pur wird.

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