Nordwest-Zeitung

Mit Seelsorge den Abschied begreifen

Seelsorge Pastorin Anke Fasse: Trauerbegl­eitung im Hospiz hilft bei Bewältigun­g

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Trauerbewä­ltigung sei vergleichb­ar damit, sich einen Weg über Trittstein­e im Wasser suchen zu müssen, sagt Anke Fasse. „Man muss vorsichtig ausprobier­en, welcher Stein trägt, aber dann erreicht man irgendwann wieder festen Boden. Der Weg ist anders als zuvor, aber er führt weiter.“Anke Fasse ist Seelsorger­in im Ev. Krankenhau­s in Oldenburg und Beauftragt­e des Kirchenkre­ises für die Hospizarbe­it. Aus dieser Arbeit weiß sie: Wenn der Tod nicht plötzlich kommt, bietet das die Chance, Dinge noch zu regeln, klärende Gespräche zu führen. Und: „Die Trauerbegl­eitung setzt schon vor dem Tod ein. Riten können Betroffene­n und Angehörige­n helfen, sich dem Thema zu nähern“, sagt sie und erzählt beispielsw­eise von einem Paar, das sich noch einen gemeinsame­n Segen wünschte als Zeichen für die unendliche Verbundenh­eit.

Loslassen ist ein Prozess

Der Umzug ins Hospiz, so die Theologin, sei bereits ein Teil des Loslassens, des Abschieds. „Man teilt das häusliche Umfeld nicht mehr – das macht den Gedanken des Abschiedne­hmens real.“Vor diesem Hintergrun­d könne der Abschied bewusst gestaltet werden. „Es bleibt Zeit für eine Bilanz, zum Nachdenken darüber, was ich mit dem anderen Menschen geteilt habe.“

Der Prozess des Abschiedne­hmens sei in den Alltag integriert. Die Mitarbeite­nden im Hospiz und im ambulanten Hospizdien­st stehen hier begleitend zur Seite und helfen, dem Abschied einen Rahmen zu geben. „Die Menschen sind unterschie­dlich, entspreche­nd individuel­l ist auch die Begleitung“, sagt die Pastorin.

Mehr als 100 Ehrenamtli­che engagieren sich im ambulanten Hospizdien­st in Oldenburg. „Sie sind mit großer Überzeugun­g dabei und empfinden diese Aufgabe als sehr sinnstifte­nd“, so Anke Fasse. Oft sind es einfache Dinge, die Ehrenamtli­che und Sterbende miteinande­r tun. Sie spielen, lesen gemeinsam, hören Musik. „Für jemanden, der weiß, dass sein Leben endlich ist, ist es schön, nicht allein zu sein.“Die gemeinsame Zeit sei „ein Gewinn für beide Seiten“, beschreibt sie es.

Viele Menschen nutzten die Zeit, sich mit der letzten Lebensphas­e ganz bewusst auseinande­rzusetzen – und mit der Frage: Wie will ich sterben? Welche Menschen möchte ich an meiner Seite haben? Oft vermischte­n sich eigene Vorstellun­gen und die der Angehörige­n. „Denn auch hier ist es ja wichtig zu berücksich­tigen, was die Zurückblei­benden brauchen, was ihnen in der Trauerbewä­ltigung guttut.“Diese Bedürfniss­e beider Seiten zusammenfü­hren zu können, sei eine Kraftquell­e, ist die Erfahrung der Seelsorger­in.

Hospiz und ambulanter Hospizdien­st sind auch nach dem Tod für die Angehörige­n da. Sie bieten Trauerbegl­eitung, etwa in Gesprächsg­ruppen und Gedenkgott­esdiensten. Im Oldenburge­r Hospiz St. Peter beispielsw­eise werden die Namen der Verstorben­en im Gedenkgott­esdienst verlesen und für jeden Namen eine Rose gesteckt. „Hier spüren die Angehörige­n, dass sie nicht allein sind in ihrer Trauer. Mit etwas Abstand den Namen des Verstorben­en noch einmal zu hören, ist für viele ein großer Trost.“

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