Was zur Arbeit zählt – und was nicht
Vom Ankleiden bis zur Dienstreise: Was Beschäftigte zur Rechtslage wissen sollten
Markus Füchtner hat einen seltenen Beruf erlernt, den es aber in einzelnen spezialisierten Regionen Deutschlands wie dem Erzgebirge häufiger gibt: Er ist Holzspielzeugmacher. Hier sitzt er mit einem Exemplar des „Roten König“im Holzlager seiner Werkstatt in Seiffen. 1870 soll Füchtners Ur-Ur-Ur-Großvater den ersten erzgebirgischen Nussknacker gefertigt haben, wie sie heute in aller Welt neben Räuchermännern und Pyramiden für das Erzgebirge stehen. Der Handwerksbetrieb führt die alte Tradition fort. Jetzt flog ein Mini-Nussknacker sogar in den Weltraum – zum Raumstation ISS.
Düsseldorf – Kurz eine Zigarette rauchen oder einen Kaffee trinken, zum Arzt gehen und und eine Fortbildung machen – so geht der Tag schnell rum. Doch wann müssen Beschäftigte Zeiten nachholen, was zählt zur Arbeitszeit?
■ Umkleide- oder Vorbereitungszeit: Wer Schutz- oder Dienstkleidung tragen muss – etwa ein Overall mit Firmennamen – braucht mit dieser Kleidung nicht direkt zur Arbeit erscheinen. Er oder sie darf sich in Räumen der Firma umziehen – „und das ist ganz klar Arbeitszeit“, sagt Sigrid Britschgi, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Düsseldorf.
Anders sieht es aus, wenn keine Pflicht zu Schutz- oder Dienstkleidung besteht. „Kommt in solchen Fällen etwa jemand im Sportdress mit dem Rad zur Arbeit und zieht sich um, ist das reine Privatsache“, erklärt Till Bender von der Rechtsschutzabteilung im DGB. Beschäftigte müssten dann also rechtzeitig in der Firma sein, dass genügend Zeit fürs Umziehen bleibt und sie pünktlich starten können.
Die Vorbereitungsphase, um etwa den Rechner hochzufahren, zählt indes klar zur Arbeitszeit. „Wer um 7.30 Uhr mit der Arbeit beginnen soll, muss nicht vor 7.30 Uhr an Ort
Pünktlich bei der Arbeit zu sein ist Privatangelegenheit der Arbeitnehmer, auch wenn die Bahn streikt oder Schneechaos droht.
und Stelle sein, um den PC zu starten“, erklärt Britschgi.
■ Pausenzeiten: Generell haben Beschäftigte Anspruch auf eine Pause. Das ergibt sich aus dem Arbeitszeitgesetz. Arbeitet jemand mehr als sechs Stunden, steht dieser Person eine Pausenzeit von 30 Minuten zu. Sind es mehr als neun Stunden, kann die Person 45 Minuten pausieren. „Beschäftigte können eine Pause stückeln,
aber eine Pausenphase muss mindestens 15 Minuten umfassen“, erklärt Bender.
Kaffee- oder Raucherpausen über die reguläre Pausenzeit hinaus zählen nicht zur Arbeitszeit. Beschäftigte müssen sich entsprechend ausstempeln, können aber meist die Zeit nacharbeiten.
■ Gang zur Toilette: Dieser gilt nicht als Pause, sondern als kurzfristige Arbeitsunterbrechung.
Kein Arbeitgeber kann dies einem Beschäftigten verwehren.
■ Arzttermine: Grundsätzlich sind Beschäftigte verpflichtet, Arzttermine so zu legen, dass sie nicht mit der Arbeitszeit kollidieren. Nicht immer ist dies möglich. Dann muss der Arbeitgeber den Arztbesuch ermöglichen. „In diesen Fällen ist der Arztbesuch Arbeitszeit“, erläutert
Bender. Dann müssen Beschäftigte dem Chef eine Arztbescheinigung abgeben.
■ Bereitschaftsdienste: „Ein Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit“, stellt Britschgi klar. In vielen Tarifverträgen oder Dienstvereinbarungen sind Pauschalen festgelegt.
Anders ist es bei Rufbereitschaften – also Fälle, in denen Beschäftigte in ihrer Freizeit damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber sie ruft. „Wenn der Ruf nicht erfolgt, ist die Rufbereitschaft auch keine Arbeitszeit“, so Bender. Meldet sich der Chef oder die Chefin, ist die Arbeitszeit zu bezahlen.
■ Fortbildungen und Dienstreisen: Ordnet der Arbeitgeber eine Fortbildung an, gehört sie zur Arbeitszeit, erklärt Britschgi. Da Dienstreisen meist der Arbeitgeber angeordnet, zählen sie zur Arbeitszeit. Problematisch sind oft die Fahrtzeiten. „Wenn ich zum Beispiel im Zug sitze und selber entscheiden kann, was ich mache, gilt dies zumeist als Freizeit“, so Britschgi. Wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bei der Zugfahrt jedoch auf dem Tablet ein Protokoll für den Arbeitgeber schreibt, zählt dies als Arbeitszeit.
■ Der Weg zur Arbeit ist zumeist reine Privatangelegenheit, also keine Arbeitszeit. Verspäten sich Beschäftigte, ist das ihre Sache.