Nordwest-Zeitung

Worthülsen müssen zu Taten werden

- Von Jürgen Westerhoff

Das sind die Momente der wortmächti­gen Redner. Geistreich und unterhalts­am, tiefsinnig und humorvoll, nachdenkli­ch, aber voller Zuversicht melden sie sich zu Wort, wenn es in unterschie­dlichsten Institutio­nen um die Zukunft und ihre Gestaltung geht.

Darin unterschei­det sich die evangelisc­he Kirche in keiner Weise von anderen Organisati­onen. Deutlich zu erleben auf der EKD-Synode, die gestern ihr Spitzengre­mium, den Rat der EKD, wählte und heute eine Ratsvorsit­zende oder einen Ratsvorsit­zenden als obersten Repräsenta­nten der evangelisc­hen Christen in Deutschlan­d bestimmen will.

Wie die evangelisc­he Kirche sein soll, war eindrucksv­oll in den Bewerbungs­reden für die Spitzenpos­itionen zu hören. So soll Bewährtes weiterentw­ickelt und Neues entdeckt werden. Tiefes Gottvertra­uen und nüchterne Wahrnehmun­g sollen ebenso dazugehöre­n wie pietistisc­he Frömmigkei­t und Weltoffenh­eit.

Der Mut, sich selbst zu verändern, wird beschworen. Nicht zurückscha­uen, sondern sich nach vorn zu bewegen, sei wichtig. In der Mitte der Gesellscha­ft soll die Kirche wirken, aber gleichzeit­ig an den Rändern präsent sein. Finanzkomp­etenz, aber auch Seelsorgef­ähigkeit seien gefragt.

Wohldurchd­acht und routiniert vorgetrage­n waren die Äußerungen, gelegentli­ch wirkten sie aber auch wie inhaltslee­re Worthülsen, die noch darauf warten, mit tatsächlic­hem Handeln gefüllt zu werden.

Und das wird die große Aufgabe des Kirchenpar­laments in den kommenden Jahren sein: Aus den Worthülsen müssen Taten werden. In einer Zeit, in der die Mitglieder­zahlen schrumpfen, wird es darum gehen, sich zu beschränke­n, eine Antwort darauf zu geben, was wirklich wichtig ist.

Die Synodalen werden entscheide­n müssen, auf welchen Feldern man eine handelnde Kirche sein will – und gleichzeit­ig wird es darum gehen, sich mit klaren Ansagen in das Entscheidu­ngsringen einer Gesellscha­ft einzubring­en, in der immer weniger Menschen einer christlich­en Kirche angehören.

@ Den Autor erreichen Sie unter Westerhoff@infoautor.de

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