Musikalische Dialoge und virtuose Umarmungen
Vincent Peirani & Émile Parisien präsentieren Projekt „Louise“in der Kulturetage
Oldenburg – Der Sopransaxofonist Émile Parisien und der Akkordeonist Vincent Peirani sind in ihrer Heimat zu führenden Interpreten eines innovativen, sehr traditionsbewussten Jazz geworden und dank guter Beziehungen zum Münchner Label ACT hierzulande in immer wieder neuen Bandkonstellationen zu Gast.
Famoses Duo auf Tour
Auf das von Parisien angekündigte Projekt „Louise“, inspiriert von den Arbeiten der französisch-amerikanischen Bildhauerin Louise Bourgeois (1911-2010) wird man noch warten müssen, aber mit dem Projekt „Living Being“kommt Peirani im Frühjahr, und als famoses Duo kann man die beiden derzeit auf einer Tour erleben, die sie auch in die Oldenburger Kulturetage führte.
Vor sieben Jahren haben sie mit einer Hommage an den Saxofonisten Sydney Bechet ihr intensives Duo-Spiel begonnen und seither in unzähligen gemeinsamen Auftritten an ihrem Repertoire gefeilt. Beide sind sie mittlerweile dekoriert mit dem „Prix Django Reinhard“, eine passende Auszeichnung, für zwei Künstler, die gerne auch nahe an Swing und Musette agieren.
Nun aber „Abrazo“(Umarmung), ein neues Programm, das vor allem inspiriert ist von der Musik, die am Rio de la Plata zuhause ist, von Tango und Milonga und nicht zuletzt dem von Astor Piazolla populär gemachten Tango Nuevo. Der kommt gleich mit zwei Kompositionen zu Wort, mit „Fuga Y Mysterio“und „Deus Xango“, in denen sich der Tango-Rhythmus vermählt mit
Jazz und Neuer Musik. Ein furioser Beginn, bei dem sich aber auch bemerkbar macht: Bei aller Virtuosität, mit der Peirani an seinem großen Knopfakkordeon mit famosen, schnellen Läufen agiert, die sonore Eleganz eines Bandoneons erreicht das Instrument nicht. Überzeugender als in denTango-Nuevo-Adaptionen agieren sie in einer süffig vorgetragenen Komposition von Jelly Roll Morton.
Flinke Finger
„Grave“, einen Ragtime aus den 1920er Jahren, legen sie spannend aus. Parisien begeistert mit einem unglaublich ausgedehntem Solo auf dem Sopransax und Peirani gibt mit flinken Fingern den Rhythmus vor, lässt sein Akkordeon sanft fauchen, und selbst der Korpus des Instruments liefert, sachte geklopft, den Takt.
Zwischen energiegeladenem Power-Play auf beiden Instrumenten und balladeskem Spiel wechseln sie mühelos, ein wort- und gestenloses Miteinander, das von immer neuen Ideen befeuert wird. Sie entdecken uns jüngst Komponiertes: Xavier Cugats „Temptation“etwa und Unbekanntes: „A bebernos los vientos“, eine Komposition vom Piazolla-Mitstreiter Tomás Gubitsch.
Und eine pfiffige Zugabe gibt’s obendrein – immer wieder kommt das Spiel der beiden hier zum Stillstand, aber in das Klatschen der Zuschauer hinein setzen sie ihren launigen Dialog fort, eine nicht enden wollende Drehorgel, die erst nach langen Kapriolen ausleiert – ein schmissiges Finale für einen so anspruchsvollen wie angenehmen Abend.
Aktuelle CD: Abrazo (ACT)
Peirani & Parisien –