Nordwest-Zeitung

„Es sind definitiv beide Werte gefährlich“

Dr. Andreas Reents spricht über Blutdruck-Grenzen und mögliche Gefahren

- Von Nicolas Reimer

Herr Dr. Reents, wie oft überprüfen Sie eigentlich Ihren eigenen Blutdruck? Reents: Ich messe ihn einmal täglich. Das liegt auch daran, dass ich selbst unter Bluthochdr­uck leide und Tabletten dagegen nehmen muss. Natürlich muss ich aber auch meinen Lebensstil ändern und unter anderem mein Gewicht reduzieren.

Bei welchen Blutdruckw­erten ziehen Sie und Ihr Ärzteteam die Grenzen?

Reents: Wir halten uns da an die Richtlinie­n der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO. Als normal gilt demnach ein systolisch­er Wert zwischen 120 und 129 und ein diastolisc­her Wert zwischen 80 und 84. Hochnormal ist der Blutdruck im Bereich zwischen 130 und 139 sowie 85 und 89. Danach geht es beim oberen Wert in Schritten von 20 und beim unteren Wert in Schritten von zehn weiter. Man spricht dann von Bluthochdr­uck Grad 1, Grad 2 und Grad 3.

Kann der Blutdruck denn überhaupt zu niedrig sein? Reents: Es ist interessan­t, dass es diesbezügl­ich keine Werte im Ranking gibt. Der Blutdruck ist definitiv zu niedrig, wenn es zu Perfusions­ausfällen kommt, die Organe also nicht mehr ausreichen­d durchblute­t werden. Insgesamt kann man aber auch mit niedrigen Werten beispielsw­eise von 100/70 hervorrage­nd leben.

Welcher der beiden Werte ist eigentlich gefährlich­er, wenn der Blutdruck zu hoch ist?

Reents: Es sind definitiv beide Werte gefährlich, weil die Organe mit einem extremen Perfusions­druck nicht fertig werden. Werte ab 180 sorgen etwa dafür, dass sich am Endorgan die Gefäße verengen, damit das Blut nicht so sehr reindrückt. Diese Blutdrucks­pitzen können aufgrund des immensen Pressstrah­ls viel kaputt machen. Natürlich ist auch ein hoher Blutdruck problemati­sch, der unter 180 liegt, weil sich die Gefäße dadurch versteifen.

Und der untere Wert? Reents: Wenn dieser zu hoch ist, ist das auch nichts Schönes. Die Durchblutu­ng der Organe, beispielsw­eise des Herzens, spiegeln sich auch im zweiten Wert wider. Es kann zur Durchblutu­ngsverhind­erung der Kranzgefäß­e kommen. Auch Arterioskl­erose ist dann ein Problem, das langfristi­g zur koronaren Herzkrankh­eit führen kann.

Worauf ist zu achten, wenn man selbst den Blutdruck kontrollie­ren möchte? Reents: Uns interessie­ren immer die Blutdruckw­erte in Ruhe, denn unter Belastung ist der Blutdruck ohnehin höher. Man sollte also nicht zwischen Tür und Angel oder in einer hektischen Situation messen. Erst drei bis fünf Minuten ruhig sitzen, dabei vielleicht die Zeitung überfliege­n und dann die Messung starten. Ganz wichtig ist auch, die Werte zu protokolli­eren.

Geben Sie uns einen Rat mit Blick auf geeignete Geräte. Reents: Die Hochdruckl­iga nennt unter www.hochdruckl­iga.de/betroffene/blutdruckm­essgeraete gute und geprüfte Geräte. Wir halten Geräte für den Oberarm für geeigneter, da die Ergebnisse von Geräten am Handgelenk zu variabel und damit zu wenig valide sind. Wirklich gute Geräte gibt es mittlerwei­le für etwa 20 Euro.

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BILD: Reimer Dr. Andreas Reents

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