Erste Risse in der Niedersachsen-Groko
Warum die Pendlerpauschale auf einmal der CDU im Streit mit den Ampel-Parteien hilft
Hannover – Es war ein Konflikt mit Ansage: CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer prognostizierte kürzlich eine spannende Zeit im Niedersächsischen Landtag, wenn in Hannover SPD und CDU regieren, in Berlin aber eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP am Ruder ist. Je nachdem, welches Thema im Parlament aufgerufen werde, dürften SPD und CDU im Leineschloss unterschiedliche Bewertungen der Bundespolitik vornehmen.
„Aktuelle Stunde“
Bei der Landtagsdebatte am Mittwoch war das der Fall. Die von der CDU beantragte „Aktuelle Stunde“mit dem sperrigen Titel „Angriff auf die Pendlerpauschale stoppen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlasten“offenbarte erste Risse zwischen Union und den künftigen Ampel-Partnern. CDU-Haushaltsexperte Ulf Thiele (Uplengen) wies Forderungen des Umweltbundesamtes (UBA) nach einer Abschaffung der Pendlerpauschale zurück. Allein in Niedersachsen pendeln nach seinen Angaben täglich mehr als 3,4 Millionen Menschen zur Arbeit. Sie dürften nicht von den Grünen als Klimasünder diffamiert werden.
Detlev Schulz-Hendel (Grüne) attestierte der Union eine „Ampel-Phobie“und einen „Trennungsschmerz“nach 16 Jahren an der Macht in Berlin.
Die Abschaffung der Pauschale stünde gar nicht zur Debatte; Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) hätte besser den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausbauen sollen. Eine Spitze setzte Frank Henning (SPD). Er wisse auch nicht, was ihm der Koalitionspartner mit diesem Antrag sagen wolle. Mehrfach zitierte er den FDP-Bundeschef Christian Lindner, der an der Pauschale festhalten wolle. Und: „Da hätte die CDU deutlich besser recherchieren sollen.“Nach der Rede suchte Thiele noch im Plenum das Gespräch mit dem SPD-Mann.
Bode als „Eheberater“
FDP-Fraktionsvize Jörg Bode mutmaßte, die CDU wolle „Spaltpilze“in der Koalition setzen, nachdem Toepffer in der Vorwoche der Opposition aus FDP und Grünen eine „Milde“im Umgang mit der Regierungspartei SPD unterstellt hatte. Bode empfahl sich als „Eheberater“für die Groko und sagte, die CDU habe „ein merkwürdiges Verständnis“von Koalitionsverhandlungen.
Er freue sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Ampel, sagte Wirtschaftsminister Althusmann. Er wolle sie an ihren Taten messen. 60 Prozent der Niedersachsen würden im ländlichen Raum wohnen. Sie hätten unter den steigenden Benzinpreisen stark zu leiden. Jetzt überhaupt über das Ende der Pendlerpauschale nachzudenken, diene weder dem Klimaschutz noch der Mobilitätswende. Vielmehr sollte die Pauschale angehoben werden. Althusmann zählte etliche Klimaprojekte unter seiner Ägide auf: Bahnausbau, etliche RadwegeProgramme bis hin zum Zuschuss für Lastenfahrräder.
Nur „Getöse“?
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Julia Willie Hamburg sortierte die Debatte in die Rubrik „Getöse“ein. FDPMann Bode wies auf ein Trauma seiner Partei hin: Nur einmal habe sich ein Koalitionspartner der FDP nicht an eine Vereinbarung gehalten. Das war 2009, als der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Steuerbeschlüsse einkassierte.