Bei der CDU klopft das Gestern an
Die CDU wollte sich nach der krachenden Wahlniederlage erneuern. Inzwischen ist dieses Vorhaben aber zu einem zähen Prozess geworden, der wunderliche Blüten treibt.
Das wurde am Donnerstag deutlich, als der geschäftsführende Kanzleramtsminister und Merkel-Vertraute Helge Braun bestätigte, dass er für den Parteivorsitz kandidieren will. Nun ist Kandidatur in einer demokratischen Partei das gute Recht jedes Mitglieds. Hier aber reibt der Beobachter sich dann doch verwundert die Augen: Da will ausgerechnet ein Getreuer der Kanzlerin, jemand der eben jene Politik der CDU zu verantworten hat, für die sie vom Wähler abgestraft wurde, die Partei erneuern? Das klingt nach jenem ironischen Spruch aus der DDR: „Wir sind immer vorn, und wenn wir hinten sind, ist hinten vorn.“Die Merkel-Konservativen jedenfalls tun ihrer Partei schon mit der blanken Kandidatur eines Gestrigen keinen Gefallen. Glaubwürdig wird die versprochene personelle – vor allem aber inhaltliche – Erneuerung so nicht.
Der ironische Aspekt liegt nun in der Tatsache, dass ausgerechnet der an Jahren nicht mehr ganz taufrische Friedrich Merz inhaltlich im Moment die glaubwürdigste Erneuerung verspricht. Die liegt eben auch in Rückkehr zu Bewährtem: zu Wirtschaftskompetenz- und -liberalismus, Leistungsgerechtigkeit, solider Finanz- und Währungspolitik, vernünftiger Einwanderungspolitik, einem distanzierten Verhältnis zu den politischen Moden des Zeitgeistes. Das sind Stichworte und Werte, von denen sich die CDU so unnötig wie freiwillig während des Merkelismus verabschiedet hat.
Wenigstens konnte sie sich aber dazu durchringen, nun ihre Mitglieder zu befragen, welchen Kopf sie für welchen Kurs wollen. Das Ergebnis wird auch den Wähler wissen lassen, ob bei der CDU weiter hinten vorn ist oder auch nicht.
@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de