Bürger sollen für Agrar-Wandel zahlen
Ministerin regt Zusatzabgabe beim Umbau der Landwirtschaft an
Hannover – Den deutschen Schweinehaltern steht das Wasser bis zum Hals. Aktuell werde 1,20 Euro pro Kilo Schweinefleisch gezahlt, so die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) in ihrer aktuellen Markteinschätzung. Mäster müssen pro Tier rund 60 Euro drauflegen. Auch die riesigen Lagerkapazitäten drücken auf den Preis. 800 000 Schweine lagern in deutschen Kühlhäusern, sagte Karin Logemann (Berne), die Agrarexpertin der SPD-Landtagsfraktion. Das reiche für eine viermonatige Versorgung der heimischen Verbraucher.
Landwirtschaft als Motor
Einen „Sonderrahmenplan“des Bundes für den Umbau der Tierhaltung forderte Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) am Donnerstag im Landtag. Ähnlich wie beim Wechsel hin zu den Erneuerbaren Energien müsse die Gesellschaft Geld in die Hand nehmen, um mehr Tierwohl zu erreichen und die Landwirtschaft fit zu machen für die Zukunft. Bei einem drohenden Strukturbruch stehe viel auf dem Spiel; denn die Landwirtschaft sei „der Motor im ländlichen Raum“.
In einer Fragestunde auf Antrag der Grünen nahm Otte-Kinast Stellung zur Situation der Branche. Der dramatische Absturz der Schweinepreise geht auf die Corona-Krise und Einbruch der Exporte nach Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in zwei Bundesländern zurück. OtteKinast sprach sich gegen eine Ausstiegsprämie aus. Diese sei beihilferechtlich nicht machbar, begünstige Mitnahmeeffekte und entfalte keine marktstabilisierende Wirkung.
Umsatz mit Fleisch
Als „nicht konstruktiv“bezeichnete Miriam Staudte (Grüne) die Vorschläge der Ministerin. Sie verweise allein auf den Bund. Der Pro-KopfVerbrauch von Schweinefleisch gehe seit Jahren zurück. Von einer „kalten Enteignung“der Bauern sprach Hermann Grupe (FDP). Nach wie vor fehlten verlässliche Programme zum Umbau der Betriebe. CDU-Fraktionsvize Helmut Dammann-Tamke wies darauf hin, dass die Ernährungswirtschaft der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in Niedersachsen sei. Die Hälfte des Umsatzes werde mit der Fleischerzeugung erzielt. Ob die Opposition ähnlich argumentieren würde, wenn es um Automobilzulieferer gehe?