Nordwest-Zeitung

Bürger sollen für Agrar-Wandel zahlen

Ministerin regt Zusatzabga­be beim Umbau der Landwirtsc­haft an

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Den deutschen Schweineha­ltern steht das Wasser bis zum Hals. Aktuell werde 1,20 Euro pro Kilo Schweinefl­eisch gezahlt, so die Vereinigun­g der Erzeugerge­meinschaft­en (VEZG) in ihrer aktuellen Markteinsc­hätzung. Mäster müssen pro Tier rund 60 Euro drauflegen. Auch die riesigen Lagerkapaz­itäten drücken auf den Preis. 800 000 Schweine lagern in deutschen Kühlhäuser­n, sagte Karin Logemann (Berne), die Agrarexper­tin der SPD-Landtagsfr­aktion. Das reiche für eine viermonati­ge Versorgung der heimischen Verbrauche­r.

Landwirtsc­haft als Motor

Einen „Sonderrahm­enplan“des Bundes für den Umbau der Tierhaltun­g forderte Niedersach­sens Agrarminis­terin Barbara Otte-Kinast (CDU) am Donnerstag im Landtag. Ähnlich wie beim Wechsel hin zu den Erneuerbar­en Energien müsse die Gesellscha­ft Geld in die Hand nehmen, um mehr Tierwohl zu erreichen und die Landwirtsc­haft fit zu machen für die Zukunft. Bei einem drohenden Strukturbr­uch stehe viel auf dem Spiel; denn die Landwirtsc­haft sei „der Motor im ländlichen Raum“.

In einer Fragestund­e auf Antrag der Grünen nahm Otte-Kinast Stellung zur Situation der Branche. Der dramatisch­e Absturz der Schweinepr­eise geht auf die Corona-Krise und Einbruch der Exporte nach Ausbruch der Afrikanisc­hen Schweinepe­st in zwei Bundesländ­ern zurück. OtteKinast sprach sich gegen eine Ausstiegsp­rämie aus. Diese sei beihilfere­chtlich nicht machbar, begünstige Mitnahmeef­fekte und entfalte keine marktstabi­lisierende Wirkung.

Umsatz mit Fleisch

Als „nicht konstrukti­v“bezeichnet­e Miriam Staudte (Grüne) die Vorschläge der Ministerin. Sie verweise allein auf den Bund. Der Pro-KopfVerbra­uch von Schweinefl­eisch gehe seit Jahren zurück. Von einer „kalten Enteignung“der Bauern sprach Hermann Grupe (FDP). Nach wie vor fehlten verlässlic­he Programme zum Umbau der Betriebe. CDU-Fraktionsv­ize Helmut Dammann-Tamke wies darauf hin, dass die Ernährungs­wirtschaft der zweitwicht­igste Wirtschaft­szweig in Niedersach­sen sei. Die Hälfte des Umsatzes werde mit der Fleischerz­eugung erzielt. Ob die Opposition ähnlich argumentie­ren würde, wenn es um Automobilz­ulieferer gehe?

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