Einen Bonustag im Wald erleben
Angelika Klüssendorf veröffentlichte zuletzt den Roman „Vierunddreißigster September“(Piper Verlag, 224 Seiten, 22 Euro) und absolvierte gerade die Lesereise der LiteraTour Nord.
Frau Klüssendorf, in Ihrem neuen Roman spazieren die Toten durchs Dorf und betrachten die Lebenden. Hand aufs Herz: Ist diese Vorstellung für Sie persönlich eher verlockend oder eher abschreckend? Klüssendorf: Diese Vorstellung gefällt mir im wirklichen Leben ganz und gar nicht. Ich käme mir sehr beobachtet vor und bräuchte mindestens vier Lebenszeiten, um mich daran zu gewöhnen. Meine Toten können ja sogar die Gedanken und Träume der Lebenden lesen, oh, das wäre wirklich fatal.
Im Roman denkt eine Figur über einen neuen Tag nach, den 34. September. Wie würden Sie einen solchen zusätzlichen Tag am liebsten verbringen?
Klüssendorf: Ich wäre an diesem Tag im Wald, bei wunderbarstem Altweibersommerwetter, und ich würde so viele Pilze finden, wie in diesem Jahr, ein wahres WunderSteinpilzjahr; abends säße ich mit Freunden am Tisch und würde die Pilze gemeinsam mit ihnen verspeisen. Vielleicht würde ich mir aber auch an diesem Tag einen Hund anschaffen oder zwei Esel…
Die Pandemie hat für alle Menschen Einschränkungen und Entbehrungen mit sich gebracht. Wie sind Sie bisher durch diese Zeit gekommen? Klüssendorf: Ich bin verhältnismäßig gut durch die Zeit gekommen, denn das Mecklenburger Parkland, wo ich wohne, hat 17 Einwohner pro Quadratkilometer, da ist der Mensch eh vereinzelt… und so schön hier die drei Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst sind, so lange und dunkel ist der Winter, an dem die Menschen hier sowieso zu knabbern haben. Also ist Corona ein wenig in der Dunkelheit verschwunden.
Was bedeutet es Ihnen, wieder regelmäßig Lesungen wie zuletzt auf der LiteraTour Nord durchführen zu können? Klüssendorf: Eine große Freude! Mehr ist dazu nicht zu sagen: Freude!
An welchem literarischen Projekt arbeiten Sie zurzeit? Klüssendorf: Ich schreibe Erzählungen über die Kindheit, eine ausgesetzte, nicht sehr schöne Kindheit. Das Thema lässt mich nicht los. Auch nicht, wie die Frage: Wie wir das geworden sind, was wir sind, welchen Anteil die Kindheit daran hat.