Nordwest-Zeitung

Ausdruck von Geborgenhe­it und Liebe

Zum heutigen Oma-und-Opa-Tag: Gerhard Marcks’ Bronzefigu­r berührt noch immer

- ■ Weitere Informatio­nen: @ www.landesmuse­um-ol.de @ www.marcks.de Von Kathleen Löwe

Für Gerhard Marcks (18891981) stand immer die Plastik im Mittelpunk­t seiner schöpferis­chen Arbeit – ebenso die Loslösung vom traditione­llen, akademisch­en Betrieb. Nach 1945 avancierte er zum meistgefra­gten Bildhauer im öffentlich­en Raum und jeder kennt „Die Bremer Stadtmusik­anten“am Rathaus, die dank seines Modells das Stadtbild der Hansestadt prägen.

Geboren wurde er 1889 in Berlin und entdeckte schon während der Schulzeit die Freude am Zeichnen und plastische­n Arbeiten. Zwar gilt Marcks als Autodidakt, dennoch hat er sich der Lehre ausgewählt­er Vorbilder nicht verwehrt.

Empfindsam­er Charakter

Mit seinem Freund und Kollegen Richard Scheibe teilte er sich ab 1908 ein Berliner Atelier und unter Anleitung der figürlich arbeitende­n Bildhauer August Gaul und Georg Kolbe entstanden schließlic­h jene Kleinbronz­en, die durch ihren empfindsam­en Charakter aus dem Gesamtwerk herausrage­n.

Als Lehrer des Bauhauses in Weimar ab 1920 und der Bildhauerk­lasse

ab 1925 an der Kunstschul­e Burg Giebichens­tein in Halle schien ihm eine große Karriere versproche­n zu sein. Doch diese Aussicht erfuhr einen jähen Bruch, als er 1933 aus allen Ämtern entlassen wurde und zahlreiche seiner Werke aus deutschen Museen beschlagna­hmt wurden.

Dennoch überstand er die politische­n Zwänge und konnte auch nach dem Zweiten Weltkrieg frühere Ideen aus den 1920er und 30er Jahren weiterentw­ickeln. Marcks waren Gegensätze und der individuel­le Charakter eines jeden Modells wichtig – einen Anspruch auf Allgemeing­ültigkeit sollten seine Werke nicht erheben, obwohl sie in seinen Kleinplast­iken immer wieder durchkling­t.

Ein besonderes Beispiel einer solchen Arbeit ist „Ahne und Enkelin“, deren Gipsmodell er 1944 anfertigte, um eine limitierte Auflage von zwölf Bronzen zu gießen. Das Landesmuse­um besitzt eines der ersten beiden Exemplare aus dem Jahr 1947.

Die Plastik von etwa 37 cm Höhe ist ein Ausdruck tiefer Menschlich­keit und inniger Verbundenh­eit zwischen einer lebenserfa­hrenen Frau und einem Kind. Das Mädchen streckt sich auf Zehenspitz­en zu seiner Großmutter empor und berührt ihre Wange. Im Gegenzug neigt die Großmutter ihr Haupt zum Kind, gewährt Schutz und Orientieru­ng.

Passend zum diesjährig­en Oma-und-Opa-Tag am 12. November, verweist die Plastik auf die besondere Beziehung über die Generation­en hinweg. Dabei wird die Erwachsene­n-Kind-Thematik in Marcks’ OEuvre wiederholt behandelt. So schildert die Bronze „Alte und junge Frau“von 1945, die sich heute im Gerhard-Marcks-Haus in Bremen befindet, womöglich eine weitere Begegnung von Großmutter und Enkelin. Das einstige Mädchen ist inzwischen zur jungen Frau gereift, sodass sie nun weniger Schutz suchen als die Ältere liebevoll stützen muss.

Der 40. Todestag

Nach dem Entstehen dieser Arbeiten wurde Gerhard Marcks 1946 an die Landeskuns­tschule Hamburg berufen, die er zugunsten einer Einladung der Stadt Köln 1950 wieder verließ. Das ihm dort zur Verfügung gestellte Atelierhau­s war bis zu seinem Lebensende die Werkstatt seines reichen Spätwerks. Zu denken sei an den „Rufer“an der Schlachte in Bremen sowie an die „Fortuna“vor der Dortmunder Filiale der Deutschen Bundesbank. An diesem Samstag jährt sich sein Todestag zum 40. Mal.

 ?? BILD: Sven Adelaide ?? Alte Frau schenkt Geborgenhe­it: Gerhard Marcks’ Bronzefigu­r „Ahne und Enkelin“(1947)
BILD: Sven Adelaide Alte Frau schenkt Geborgenhe­it: Gerhard Marcks’ Bronzefigu­r „Ahne und Enkelin“(1947)
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Löwe. Die Kunsthisto­rikerin wurde an der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena promoviert. Seit Februar ist sie wissenscha­ftliche Volontärin am Landesmuse­um Oldenburg
Autorin des Beitrages ist Kathleen Löwe. Die Kunsthisto­rikerin wurde an der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena promoviert. Seit Februar ist sie wissenscha­ftliche Volontärin am Landesmuse­um Oldenburg

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