Brandmeister unter Handlungsdruck
Stephan Weil als oberster Brandschützer in Sachen Corona: Dieses Bild zeichnet die Landesregierung gern vom Ministerpräsidenten. Während der Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, vor der Bundespressekonferenz in Berlin Grafiken mit steigenden Corona-Zahlen hoch hält, kündigt Weil in Hannover die nächste Corona-Verordnung an. Dabei ist die Tinte unter der aktuellen Version noch gar nicht trocken. Ganz abgesehen davon, dass diejenigen, die das Regelwerk vor Ort umsetzen müssen, den Dschungel aus Leitindikatoren, Warnstufen und Obergrenzen kaum noch durchschauen.
Natürlich ist es richtig, dass Niedersachsen weiterhin zum „Team Vorsicht“gehören will und der Lage nicht hinterherrennen mag. Aber warum wartet man die Bund-Länder-Gespräche und das neue Infektionsschutzgesetz nicht ab? Soll dann etwa erneut eine Anpassung erfolgen? Und warum drückt sich der Ministerpräsident vor einem klaren Bekenntnis zur Impfpflicht für Pflegekräfte? Da sind die Diakonie und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) längst weiter.
Angesichts der dynamischen Infektionsentwicklung ist die Anwendung der 2 G-Regelung in bestimmten Bereichen sinnvoll. Weils Allzweck-Löschschaum, um Corona zu ersticken, ist es allerdings nicht. Es kommt zu Impfdurchbrüchen, und auch Geimpfte können das Virus ungewollt weitergeben. Und wenn die Pflicht zum „Booster“kommen sollte, stellt sich gleich die Frage nach der Kontrolle. Wird mir künftig der Kino-Eintritt verwehrt, nur weil ich erst Tage nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist einen Termin beim Arzt bekomme?
Verständlich ist auch das verheerende Echo der Opposition auf den Auftritt Weils. Drei Tage lang hat der Landtag debattiert. Dort hat der Ministerpräsident sich der Corona-Debatte entzogen. So handelt kein souveräner Brandmeister.
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