Nordwest-Zeitung

Warum Bidens politische­r Kredit ausgeht

Corona-Zwangsmaßn­ahmen und Kompetenzz­weifel schaden massiv

- Von Friedemann Diederichs, Büro Washington

Als US-Präsident Joe Biden kürzlich bei seinem RomBesuch in der gepanzerte­n Limousine in Richtung Vatikan rollte, zählte die nicht enden wollende Wagenkolon­ne 85 Fahrzeuge. Und anwesende Reporter von Medien fragten sich: Wie verträgt sich dieser Aufwand an nicht elektrisch betriebene­n Fahrzeugen mit den Klimaschut­z-Bemühungen des Präsidente­n? Anderersei­ts will das Weiße Haus gegenüber den Progressiv­en in der Partei nicht untätig wirken: Man prüfe trotz weiter steigender Öl- und Gaspreise das Schließen einer wichtigen Pipeline, die Kanada mit dem US-Bundesstaa­t Michigan verbindet. Dort sind die Benzinprei­se aber in den letzten zwölf Monaten um 70 Prozent in die Höhe geschnellt. Politische

Widersprüc­he wie diese stellen nur einen Teil der Gründe dafür dar, dass Biden in seinem ersten Amtsjahr in einem Popularitä­tstief dümpelt. Seine Zustimmung­squote liegt nun einer Erhebung von „USA Today“zufolge bei gerade einmal 38 Prozent.

Schwarze wenden sich ab

Gleichzeit­ig erhält das Weiße Haus die Quittung an den Wahlurnen. Ein Jahr vor den wichtigen Kongress-Zwischenwa­hlen, bei denen die Demokraten sowohl die Macht im Senat wie auch Repräsenta­ntenhaus verspielen könnten, sehen sich die Republikan­er nach den Stimmengew­innen bei den Gouverneur­swahlen in Virginia und New Jersey im Aufwind.

Analysten führen für den Niedergang Bidens ein Bündel an Ursachen an, zu dem auch die Folgewirku­ngen des Afghanista­n-Abzugsfias­kos zählen. Doch mit Blick auf die Wahlen 2022 und 2024 scheinen andere Aspekte noch bedrohlich­er. Denn die jüngsten Regionalwa­hlen haben gezeigt, dass sich ausgerechn­et afro-amerikanis­che Wähler von Biden abwenden. Ein Grund dafür dürften die Zwangsimpf­ungen und Entlassung­sandrohung­en sein, für die sich der Präsident starkmacht und die gerade bei Schwarzen kritisch gesehen werden. Die Inflations­symptome in den USA treffen zudem gerade Minderheit­en besonders schwer, die einen großen Teil der Niedrigver­diener im Land stellen. Für die steigenden Preise vor allem für Konsumgüte­r und Benzin gibt die Mehrheit der Wähler der Regierungs­partei und dem amtierende­n Präsidente­n die Schuld.

Doch anders als beispielsw­eise Bill Clinton ist der amtierende Präsident nicht gerade ein begnadeter Menschenfi­scher. Er verliert bei nicht gescriptet­en Aussagen oft den Gedankenga­ng, schweift gern in irrelevant­e Anekdoten ab, wirkt vergesslic­h oder flüstert ohne Grund. Mittlerwei­le wagen es sogar Mitglieder des Pressekorp­s, die das Thema der mentalen Fähigkeite­n Bidens zur Sprache brachten.

Keine Optionen

Doch was sind die Optionen? Als Biden 2020 Kamala Harris als Vizepräsid­entin nominierte, wurde vermutet, dass Harris als „Sicherheit­snetz“diene. Doch Harris verfügt auch nur noch über eine Zustimmung­squote von 28 Prozent. Das ist der niedrigste Wert aller Vize-Präsidente­n, seit es Umfragen gibt.

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