RKI-Präsident sieht rot – „Es ist fünf nach zwölf!“
Quarantäne und Lockdown sind erneut Thema – Bürgertests ab heute wieder kostenlos
Berlin – „Es ist fünf nach zwölf!“Eindringlicher hätte die Warnung des Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, angesichts der aktuellen CoronaZahlen kaum ausfallen können. Und das war nicht einmal die einzige schlechte Nachricht, die Wieler und Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag zu verkünden hatten.
Partys und größere Veranstaltungen in Räumen, jetzt in der Karnevals- und Vorweihnachtszeit? Wieler empfahl, sie nicht zu besuchen. Notfalls sollte gar erwogen werden, Großveranstaltungen zu untersagen.
Quarantäne auf Prüfstand
Urlaub in Österreich? Wird schwierig, signalisiert Spahn und bestätigt, dass das Land, genau so wie Tschechien und Ungarn, ab Sonntag wieder als Hochrisikogebiet gelten soll. Das heißt: Quarantäne bei der Rückkehr, wenn man nicht geimpft oder genesen ist.
Auch die generelle Frage, ob auch die genannten beiden Gruppen nach Kontakten mit Infizierten künftig mit Quarantänepflichten rechnen müssen, prüft das RKI derzeit, sagt Wieler. Lockdowns, die es eigentlich nicht mehr geben sollte, sind gleichfalls wieder Thema. Spahn fordert von der sich anbahnenden Ampel-Koalition, sie im Instrumentenkasten für die Länder als Option zu belassen, für den Fall, dass die Lage regional ausufert und dieses einschneidende Mittel als verhältnismäßig eingestuft wird.
Die Lage insgesamt ist auf alle Fälle hoch bedrohlich. Das gilt umso mehr, als die Schutzwirkung einer vollständigen Impfung nach einiger Zeit nachlässt, erläuterte der RKIChef. Die besonders gefährliche Delta-Variante des Coronavirus macht auch das Leben für Geimpfte wieder riskanter.
Drastische Rechnung
Wieler veranschaulicht das mit einer drastischen Rechnung: Wenn an einem Tage 50 000 Neuinfektionen verzeichnet werden, dann bedeutet das nach aller Erfahrung, dass mit Zeitverzug rund 3000 davon in den Kliniken landen. Mindestens 350 von ihnen werden dann wahrscheinlich früher oder später Fälle für die Intensivabteilungen. „Und nach einiger Zeit werden von diesen etwa 200 versterben“, so das Ende dieser Kausalkette. Und das ist nur die Bilanz eines einzigen Tages. „Vor uns liegen schwere Wochen und Monate“, folgerte Wieler.
Mit den bisherigen Maßnahmen sei das nicht mehr aufzuhalten. Man müsse erheblich mehr tun: Mehr testen, mehr impfen, mehr auffrischen, bei Kontakten sich zurückhalten, sein alltägliches Verhalten in Richtung Vorsicht ändern, zählte Spahn auf. Mancherorts langt selbst die 2 G-Regel nicht mehr. So sollten bei öffentlichen Veranstaltungen zusätzlich zur Beschränkung auf Geimpfte und Genesene von diesen noch aktuelle Tests verlangt werden. Die Verordnung zur Rückkehr zu kostenlosen Bürgertests soll umgehend unterzeichnet werden und schon ab diesem Samstag gelten, sagte Spahn.