Nordwest-Zeitung

„Belastungs­probe für unser Gesundheit­swesen“

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Hat die Politik den Beginn der vierten Corona-Welle verschlafe­n?

Alexander Dobrindt: Die vierte Welle kommt mit einer größeren Wucht, als man das erwartet hat. Das Infektions­geschehen explodiert, die Hospitalis­ierung und die Belegung der Intensivbe­tten steigen, und die dritte Impfung muss erst an Fahrt gewinnen. Das steigert die Handlungsn­otwendigke­it der Politik. Umso dramatisch­er ist, dass die zukünftige links-gelbe Koalition die epidemisch­e Lage nicht verlängern will. Im August hat sich Olaf Scholz noch für eine Verlängeru­ng ausgesproc­hen. Heute – bei mehr Kranken, bei mehr Infizierte­n, bei mehr Belastung der Krankenhäu­ser – will er die epidemisch­e Lage beenden. Damit stellt die Ampel-Koalition unser Gesundheit­swesen vor eine echte Belastungs­probe.

Muss ein Lockdown weiter eine Option bleiben? Dobrindt: Es geht nicht um einen Lockdown, sondern darum, rechtssich­er Maßnahmen anzuwenden, die gegebenenf­alls nötig werden könnten. Der Ampel-Vorschlag genügt nicht, um angemessen, verhältnis­mäßig und rechtssich­er handeln zu können. Olaf Scholz sagt selbst, dass er 2G befürworte­n würde. Durch den Gesetzentw­urf nimmt er aber gerade die Möglichkei­t, 2 G bundesweit einzuführe­n. Er verschiebt diese Verantwort­ung allein auf die Länder. Das wird seiner neuen Verantwort­ung dabei nicht gerecht.

Sind Sie für eine Impfpflich­t für Berufsgrup­pen, die mit risikoträc­htigen Menschen umgehen, etwa in Pflegeheim­en? Dobrindt: Wir haben uns gegen eine allgemeine Impfpflich­t ausgesproc­hen. Wir erkennen aber jetzt, dass besonders verletzbar­e Gruppen stark gefährdet sind durch Nicht-Geimpfte in ihrem Umfeld. Es ist daher richtig, darüber nachzudenk­en, ob für bestimmte Berufsgrup­pen, etwa in der Pflege, eine Impfpflich­t nicht doch angemessen wäre.

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DPA-BILD: Nietfeld

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