Nordwest-Zeitung

Solidaritä­t mit EU-Problemfal­l

Deutschlan­d steht bei Grenzstrei­t mit Belarus „fest“an Seite von Polen

- Von Holger Möhle, Büro Berlin

Berlin – Die nächste Notlage. Dieses Mal nicht Corona. Aber ein Fall für den geschäftsf­ührenden Bundesinne­nminister. Horst Seehofer hat sich am Donnerstag zu einem schwierige­n Nachbarn aufgemacht. Der CSU-Politiker ist nach Warschau gereist, um dort seinem Amtskolleg­en Mariusz Kaminski beizusprin­gen.

Rund 400 Kilometer von Kaminskis Dienstsitz entfernt tobt seit Wochen ein Grenzstrei­t, der längst auch die EU in Brüssel beschäftig­t. Tausende Flüchtling­e aus Syrien, Irak und Afghanista­n, angelockt und auch ins Land gelassen durch perfide Verspreche­n des weißrussis­chen Machthaber­s Alexander Lukaschenk­o, hoffen an der polnisch-weißrussis­chen Grenze auf die Eintrittsk­arte in die EU.

Die Regierung in Warschau liegt seit Jahren wegen ihrer Justizrefo­rm mit der EU über

Kreuz, weil sie aus Brüsseler Perspektiv­e wie auch aus Berliner Sicht die Gewaltente­ilung und die Unabhängig­keit der Justiz untergräbt. Doch im sensiblen Grenzstrei­t mit Belarus will die Bundesregi­erung den EU-Nachbarn Polen nicht alleinlass­en. Auch Außenminis­ter Heiko Maas hatte sich „voll solidarisc­h“mit Polen erklärt.

Seehofer sagte der Agentur dpa vor seiner Abreise: „Ohne wirksamen Außenschut­z stellt sich Europa selbst infrage.“Polen handele „seit Wochen zutiefst europäisch“. Deutschlan­d stehe fest an der Seite von Polen. Auch Außenminis­ter Maas hatte im Interview mit unserer Redaktion betont: „Polen ist nicht dafür verantwort­lich, was an seiner Grenze zu Weißrussla­nd passiert.“

Bereits vor Seehofer hatte Bundeskanz­lerin Angela Merkel Initiative ergriffen, die ihr den Protest etwa der Grünen einbrachte. Merkel telefonier­te wegen des Grenzstrei­ts und der Schleusung von Menschen mit Lukaschenk­o. Das ist insofern bemerkensw­ert, weil die EU Lukaschenk­o wegen der gefälschte­n Wahl in Weißrussla­nd

2020 nicht als rechtmäßig­en Präsidente­n anerkennt. Die Regierung in Polen kritisiert­e Merkel wegen ihrer Telefonate.

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Dpa-BILD: Mauder Migranten campen in Belarus am Punkt Brusgi an der neuerdings mit Stacheldra­ht verstärkte­n Grenze zu Polen. Die Menschen hoffen darauf, dass die Grenze in die EU für sie geöffnet wird.

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