Papierzerfall ein Schnippchen geschlagen
Landesbibliothek Oldenburg digitalisiert 450 000 historische Zeitungsseiten
1974 Die Fernseh-Talkshow „3nach9“von Radio Bremen wird erstmals ausgestrahlt.
1806 Französische Truppen besetzen Hamburg, um die Kontinentalsperre durchzusetzen, die Napoleon über Großbritannien verhängt hatte und mit der die Wirtschaft des Inselstaates empfindlich geschädigt wird.
Geburtstage: Meg Ryan (1961/ Bild), amerikanische Schauspielerin („Stadt der Engel“, „Harry und Sally“); Max Kruse (1921-2015), deutscher Kinderbuchautor („Urmel aus dem Eis“); Berta Drews (1901-1987), deutsche Schauspielerin (Bühnenrolle in „Die Dreigroschenoper“, Filmrolle in „Die Blechtrommel“), Ehefrau von Heinrich George, Mutter von Götz
Todestag: Horst Michael Neutze (1923-2006), deutscher Schauspieler („Stahlnetz“)
Namenstag: Elisabeth, Joseph
Im Nordwesten – Da liegt er aufgeschlagen, ein Zeitungsband mit der letzten Ausgabe des von den Nationalsozialisten verbotenen „Volksblatts“im Vortragsraum der Landesbibliothek Oldenburg. Die sozialdemokratische Tageszeitung aus Wilhelmshaven erschien zuletzt am 2. März 1933 mit der Ankündigung ihres Verbots auf der Titel-seite. Von 1887 an war das „Norddeutsche Volksblatt“das Organ der Sozialdemokratie im Nordwesten, gelesen in Ostfriesland und im Großherzogtum Oldenburg.
Die Zeitungsbände braucht nun niemand mehr im Lesesaal der Landesbibliothek zu wälzen, um etwa die sozialdemokratische Sicht auf die Geschehnisse der Weimarer Republik oder das Kaiserreich zu studieren. Das „Volksblatt“ist digitalisiert und kann über das digitale Zeitungsportal der Landesbibliothek Oldenburg aufgerufen und erforscht werden. Zusammen mit dem 1791 gegründeten „Jeverschen Wochenblatt“(die älteste existierende Zeitung des Landes Oldenburg) stellt das „Norddeutsche Volksblatt“den Kern der digitalen Zeitungssammlung in der Landesbibliothek.
Großartige Quelle
Bibliotheksdirektorin Corinna Roeder und Abteilungsleiter Matthias Bley stellten das Erreichte jetzt mit ihren Unterstützern Christiane Baier (Schlossmuseum Jever) und Dr. Sven Mahmens (Niedersächsisches Landesarchiv Oldenburg) vor. „Zeitungen sind eine großartige Quelle über die Sozial- und Landesgeschichte“, sagte Bibliotheksleiterin Roeder. Sie würden häufig genutzt von Vereinen oder Privatpersonen zur Familienforschung. Dabei ist das Problem beim Erhalt der Zeitungen die Qualität des Papiers, das säurehaltigen
Christiane Baier (Schlossmuseum Jever/links), Sven Nahmen (Niedersächsisches Landesarchiv Oldenburg) und Corinna Röder (Bibliotheksdirektorin) präsentieren die gedruckten und digitalisierten Schätze.
Holzschliff enthält und somit den Verfallsprozess beschleunigt. „Zeitungen sind im höchsten Maße fragil“, fasste Corinna Roeder zusammen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Digitalisierung des „Jeverschen Wochenblatts“und des „Norddeutschen Volksblatts“(allein 300 000 der insgesamt 450 000 digitalisierten Zeitungsseiten) mit 145000 Euro gefördert. Dabei stammten die Ausgaben des „Norddeutschen Volksblatts“aus dem Landesarchiv, wo vor Jahren eine Sicherungskopie auf Film entstanden war. Die Bände des „Wochenblatts“stammen aus dem Schlossmuseum Jever und der Landesbibliothek.
Mit Spezialscanner
Mit einem Spezialscanner wurden die Zeitungsbände digital abgetastet. Die aufwendige Nachbearbeitung ermöglicht den Nutzern viele Erleichterungen bei der Lektüre. Zwar sind die Zeitungen – wie bis 1945 üblich – in der Frakturschrift gesetzt, die digitale Nachbearbeitung ermöglicht
aber die Volltextsuche mit einer sehr hohen Trefferquote, wie Abteilungsleiter Bley veranschaulichte.
Ob Angehörige, Sozialforscher oder Historiker – sie alle haben komfortable Suchmöglichkeiten. Und die werden eifrig genutzt; schon jetzt hat die Landesbibliothek 1,6 Millionen Zugriffe von 30 000 Besuchern gezählt. Und das Studium der historischen Zeitungsseiten fesselt die Nutzer. Im Schnitt verbringen sie 42 Minuten bei ihrer Recherche.
Zuletzt informierte das „Volksblatt“seine Leser am 2. März 1933 – vom Verbot der Zeitung durch die Nazis.BILD: