Nordwest-Zeitung

(K)eine Aktie für das Volk

Vor 25 Jahren ging die Telekom an die Börse – Auf Euphorie folgte Crash

- Von Wolf Von Dewitz

Marktlage am 18. November 2021. Schlachtsc­hweine: Am Markt stehen sich Angebot und Nachfrage zunehmend ausgeglich­en gegenüber. Im Norden wird diese Entwicklun­g weiterhin durch geringe Schlachtun­gen begrenzt. Verunsiche­rung bedingt der ASP-Fall in Mecklenbur­gVorpommer­n. Unveränder­te Preise sind in der neuen Woche die Folge. Schlachtri­nder: Am Markt werden Jungbullen fortgesetz­t zügig geordert. Die zuvor weiter heraufgese­tzten Preise werden zum Ende der Woche bestätigt. Schlachtkü­he werden weiterhin sehr stabil bewertet. (Quelle: Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen)

Bonn – Schauspiel­er Manfred Krug wies damals den Weg: „Die Telekom geht an die Börse, da geh’ ich mit.“Eine Werbung, die ankam: 1,9 Millionen Bundesbürg­er griffen zu und bekamen am 18. November 1996 beim größten Börsengang der Dax-Geschichte Telekom-Aktien. Für ein Drittel von ihnen war es der erste Aktienkauf ihres Lebens. Danach kletterte der Kurs immer weiter nach oben. Es entstand eine Euphorie: Auch 1999 und 2000, als weitere T-Aktien zu deutlich höheren Preisen ausgegeben wurden, blieb die Nachfrage hoch. Sagenhafte 103,50 Euro betrug der Börsenkurs zwischenze­itlich.

Von Einbruch nie erholt

Doch dann kam der Crash, viele Bundesbürg­er verloren viel Geld. Die Aktie hat sich vom Einbruch nie erholt, heute notiert sie bei ungefähr 17 Euro und damit rein rechnerisc­h nicht allzu weit entfernt vom Ausgabepre­is 1996, also 28,50 D-Mark.

Die Bundespost war in den 90ern privatisie­rt worden, aus dem grauen Fernmeldet­echnik-Behördente­il wurde eine internatio­nal agierende Firma im modernen Magenta-Look. Das in den Anfängen steckende Internet versprach viel Potenzial. Für die Expansion im Ausland brauchte das Unternehme­n unter der Leitung

von Ron Sommer viel Geld, die Börsengäng­e spülten Milliarden in die Kassen der Firma und des Großaktion­ärs Bund. Damals wurde der Grundstein gelegt für T-Mobile US: Die amerikanis­che Tochter ist heute die Ertragsper­le des Bonner Konzerns.

In einer teuren Werbekampa­gne wurde der Telekom-Anteilssch­ein als Volksaktie inszeniert: Fischer, Polizisten,

Feuerwehrl­eute, Stewardess­en, Büroangest­ellte und Rentner machten das T-Zeichen und blickten dabei begeistert in die Kamera. Diese Darstellun­g sieht Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW) heute wie damals kritisch: „Der Anteilssch­ein wurde vom Staat als angeblich sichere Volksaktie beworben, obwohl er das nicht war: Natürlich gab es Risiken.“

Der zweite und vor allem der dritte Börsengang aus dem Jahr 2000 hatten juristisch­e Nachspiele: Kleinanleg­er zogen vor Gericht und forderten Schadeners­atz für erlittene Kursverlus­te. Der Rechtsstre­it war langwierig und ist bis heute nicht abgeschlos­sen.

Auswirkung­en bis heute

Die Telekom-Börsengäng­e der Jahre 1999 und 2000 haben aus Sicht von Börsenexpe­rten bis heute Folgen für das Anlegerver­halten in Deutschlan­d. „Auch 25 Jahre nach dem ersten Telekom-Börsengang setzen immer noch zu wenige Deutsche auf Aktien“, betont Aktionärss­chützer Tüngler. Insbesonde­re der zweite und dritte Bonner Gang auf das Börsenpark­ett hätten viele Anleger abgeschrec­kt, und sie kauften danach keine Aktien mehr. Allerdings erkennt Tüngler eine klare Wende: „In den letzten Jahren zieht es vor allem die jüngere Generation an die Börse.“

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Dpa-ArchivbILD: Pilick Warb 1996 für die T-Aktie: der damalige Telekom-Chef Ron Sommer

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