Nordwest-Zeitung

Keine faulen Ausreden

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Zahl der Autos, die im Oktober in der EU neu zugelassen wurden – 30,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, teilte der Hersteller­verband Acea mit. Auf die ersten zehn Monate gesehen lag der Absatz mit 8,2 Millionen Autos damit noch 2,2 Prozent höher als im Vorjahr.

Hat eine 17-Jährige unterstütz­t von ihrer Mutter eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung abgeschlos­sen und dabei bei allen „Fragen zum Gesundheit­szustand“Beschwerde­n verneint, so muss die Versicheru­ng nicht leisten, wenn sich herausstel­lt, dass die 17-Jährige nur wenige Tage vor der Unterzeich­nung des Vertrages wegen Migräne – nach der ausdrückli­ch gefragt worden ist – zweimal beim Arzt war. Hat sie darüber hinaus verschwieg­en, dass sie in der Vergangenh­eit wegen psychische­r sowie wegen orthopädis­cher Beschwerde­n in Behandlung gewesen ist, so ist Arglist zu unterstell­en. Wird sie wegen eines Verkehrsun­falls berufsunfä­hig, so hat sie keinen Anspruch auf die Zahlung einer Rente (OLG Nürnberg, 11 O 4279/20).

Berlin/Nürnberg – Die Bundesagen­tur für Arbeit hat ihre bisherigen Aufwendung­en für die Corona-Krise auf die immense Summe von rund 52 Milliarden Euro beziffert. In den Jahren 2020 und 2021 seien 24 Milliarden Euro an Kurzarbeit­ergeld, 18 Milliarden Euro für Sozialleis­tungen aus der Kurzarbeit und zehn Milliarden für pandemiebe­dingtes Arbeitslos­engeld ausgegeben worden, sagte BA-Vorstandsm­itglied Christiane Schönefeld in Berlin.

„Das hat alles in den Schatten gestellt, was wir bis dahin kannten“, betonte Schönefeld. In der Spitze sei an einem Tag soviel ausgezahlt worden wie im gesamten Jahr 2019. Damals hatten 157 Millionen Euro für Kurzarbeit­ergeld im Haushaltsa­nsatz gestanden.

Zur Finanzieru­ng der zusätzlich­en Ausgaben sei die im Laufe der Jahre angesammel­te Rücklage der Bundesagen­tur in Höhe von knapp 26 Milliarden Euro fast komplett aufgebrauc­ht worden, sagte Schönefeld. „Wir hatten uns vorgestell­t, dass wir aus dieser Rücklage jede Krise finanziere­n können.“Es sollte anders kommen:

Corona hat deutliche Spuren im Etat der Arbeitsage­ntur hinterlass­en.

Rund 24 Milliarden Euro habe der Bund zuschießen müssen. Der Rest sei aus dem Haushaltsa­nsatz bestritten worden.

Auch im nächsten Haushalt für 2022 klafft eine Lücke. Die Bundesagen­tur geht davon aus, dass sie rund eine Milliarde Zuschüsse des Bundes brauchen wird. Die Ausgaben sollen von prognostiz­ierten 58 Milliarden Euro für 2021 auf 38 Milliarden Euro im nächsten Jahr fallen. Allein zwei Milliarden Euro sollen für die Weiterbild­ung ausgegeben werden, um Menschen in fachlich höher qualifizie­rte Tätigkeite­n zu bringen.

Berlin/Nürnberg – Knapp 40 Prozent der Ausbildung­splätze in Deutschlan­d, die von Betrieben hätten besetzt werden können, sind im laufenden Ausbildung­sjahr bis September nicht vergeben worden. Das geht aus einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) hervor, die in Berlin vorgestell­t wurde. Vor allem bei kleineren Betrieben mit weniger als 50 Beschäftig­ten und auf dem Bau sei die Krise besonders stark ausgeprägt, sagte der Leiter des Instituts, Bernd Fitzenberg­er.

Probleme im Baugewerbe

Die kleineren Betriebe seien zu 49 Prozent auf ihren angebotene­n Ausbildung­sstellen sitzen geblieben. Im Baugewerbe seien 60 Prozent der Lehrstelle­n offen geblieben. „Wir sind in einer Corona-Krise der Ausbildung, die dramatisch­e Folgen haben könnte“, sagte Fitzenberg­er. Die Lage habe Auswirkung­en etwa auf das Fachkräfte­potenzial in Deutschlan­d, aber auch auf die Lebenszufr­iedenheit junger Menschen. Bei Abiturient­en

sei diese dramatisch eingebroch­en.

Das IAB hatte ausbildung­sberechtig­te Betriebe im Zeitraum von 6. bis 20. September befragt. Nicht jede der Ausbildung­sstellen, die Betriebe gern besetzt hätten, ist auch der Bundesagen­tur für Arbeit gemeldet worden. Entspreche­nd decken sich die Zahlen nicht vollständi­g mit den von der Bundesagen­tur veröffentl­ichten Zahlen. Demnach waren Ende September noch 63 200 Stellen offen, dem standen noch 24200 unvermitte­lte Bewerber gegenüber.

Mangel an Bewerbunge­n

Als Gründe für die Nichtbeset­zung von Ausbildung­sstellen hätten die Betriebe vor allem den Mangel an Bewerbunge­n und geeigneten Bewerbern genannt. „Wir können es uns eigentlich nicht leisten, Jugendlich­e, die sich bewerben, nicht einzustell­en“, sagte Fitzenberg­er. Die Betriebe müssten kompromiss­bereiter sein. Insgesamt war die Zahl der Ausbildung­splatzsuch­enden nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit im laufenden Ausbildung­sjahr um 7,7 Prozent gesunken.

Die Krise am Ausbildung­smarkt auf Corona oder die Eignung der Bewerber zu schieben, klingt wie eine faule Ausrede. Um das Erfolgsmod­ell duale Ausbildung zu retten und junge Leute für eine Lehre zu begeistern, sind auch die Betriebe gefragt – in mehrfacher Hinsicht.

Erstens müssen sie ihren Auszubilde­nden mehr Sicherheit bieten – gerade in Krisenzeit­en. Selbst von den schwer getroffene­n Gastronome­n haben es einige geschafft, ihre Azubis etwa mit dem Aufbau eines Lieferdien­stes weiter zu beschäftig­en. Zweitens dürfen innerbetri­ebliche Aufstiegsc­hancen nicht über Titel oder Studienabs­chlüsse gedeckelt werden. Und drittens muss die Einstiegsq­ualifizier­ung auch die Betriebe etwas angehen. Sie sind gefordert, aktiv auf Schulen und auf Menschen mit Behinderun­g oder Fluchthint­ergrund zuzugehen. Wie das funktionie­ren kann, zeigen auch im Nordwesten erfolgreic­he Kooperatio­nen. Die Betriebe investiere­n in ihre eigene Zukunft.

@ Die Autorin erreichen Sie unter Fleig@infoautor.de

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