Nordwest-Zeitung

Kooperatio­n an Zusagen koppeln

- Von Holger Möhle, Büro Berlin @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

Afghanista­n steht vor einem Hungerwint­er. Die Wirtschaft liegt am Boden. Gehälter von Staatsbedi­ensteten sind seit Monaten nicht bezahlt. Viele Menschen wollen lieber heute als morgen das Land verlassen. In Afghanista­n regiert wer? Die Taliban.

Jetzt hat die Bundesregi­erung erstmals seit der Machtübern­ahme durch die radikal-islamistis­chen Religionsk­rieger hochrangig­e Diplomaten zu Verhandlun­gen mit der De-factoRegie­rung nach Kabul geschickt. In Afghanista­n wird deswegen der Frieden nicht ausbrechen.

Doch die Bundesregi­erung steht auch bei Tausenden Afghanen im Wort, sie in eine sichere Zukunft nach Deutschlan­d zu bringen. Dazu braucht die Regierung auch die Taliban, zumindest jedoch den Dialog mit den religiösen Islamisten, die selbst unter hohem Druck stehen – auch durch die Konkurrenz durch die Terrormili­z Islamische­r Staat. Eine hungernde und frierende Bevölkerun­g wird ihnen nicht glauben, erst recht nicht folgen.

Die Taliban-Regierung muss wissen, dass Kooperatio­n daran gekoppelt sein muss, ob sie Zusagen überprüfba­r einhält, also: Zugang zu Bildung für Mädchen und Frauen, freie Ausreise für alle, die das Land verlassen wollen, kein Rückzugsra­um mehr für Terroriste­n auf afghanisch­em Boden.

Der Bundestag wird künftig noch genauer überlegen müssen, zu welchen Bedingunge­n und für welche Ziele er Soldatinne­n und Soldaten der Bundeswehr zu Einsätzen ins Ausland schickt. Denn Afghanista­n war ein Kampf-, auch ein Kriegseins­atz mit erhebliche­m Blutzoll für ein am Ende unbefriedi­gendes Ergebnis.

Eine zentrale Erkenntnis aus diesem Afghanista­n-Einsatz dürfte wohl sein, dass der Export einer dem Westen genehmen Staats- und Gesellscha­ftsform – wir nennen es Demokratie – nicht beliebig in allen Regionen dieser Erde Abnehmer findet.

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