Kooperation an Zusagen koppeln
Afghanistan steht vor einem Hungerwinter. Die Wirtschaft liegt am Boden. Gehälter von Staatsbediensteten sind seit Monaten nicht bezahlt. Viele Menschen wollen lieber heute als morgen das Land verlassen. In Afghanistan regiert wer? Die Taliban.
Jetzt hat die Bundesregierung erstmals seit der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Religionskrieger hochrangige Diplomaten zu Verhandlungen mit der De-factoRegierung nach Kabul geschickt. In Afghanistan wird deswegen der Frieden nicht ausbrechen.
Doch die Bundesregierung steht auch bei Tausenden Afghanen im Wort, sie in eine sichere Zukunft nach Deutschland zu bringen. Dazu braucht die Regierung auch die Taliban, zumindest jedoch den Dialog mit den religiösen Islamisten, die selbst unter hohem Druck stehen – auch durch die Konkurrenz durch die Terrormiliz Islamischer Staat. Eine hungernde und frierende Bevölkerung wird ihnen nicht glauben, erst recht nicht folgen.
Die Taliban-Regierung muss wissen, dass Kooperation daran gekoppelt sein muss, ob sie Zusagen überprüfbar einhält, also: Zugang zu Bildung für Mädchen und Frauen, freie Ausreise für alle, die das Land verlassen wollen, kein Rückzugsraum mehr für Terroristen auf afghanischem Boden.
Der Bundestag wird künftig noch genauer überlegen müssen, zu welchen Bedingungen und für welche Ziele er Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu Einsätzen ins Ausland schickt. Denn Afghanistan war ein Kampf-, auch ein Kriegseinsatz mit erheblichem Blutzoll für ein am Ende unbefriedigendes Ergebnis.
Eine zentrale Erkenntnis aus diesem Afghanistan-Einsatz dürfte wohl sein, dass der Export einer dem Westen genehmen Staats- und Gesellschaftsform – wir nennen es Demokratie – nicht beliebig in allen Regionen dieser Erde Abnehmer findet.