Nordwest-Zeitung

Formel 1 rast trotz Debatte durch Katar

Königsklas­se plant langfristi­g mit Rennen in Wüste – Sonntag Premiere

- Von Thomas Wolfer

Doha – Wenn die Dunkelheit einsetzt, wird es in Dohas Altstadt langsam etwas ruhiger. Mit Bussen werden dann die unzähligen Arbeiter abgeholt, die zuvor den ganzen Tag für die Erneuerung der Straßen geschuftet haben. Auch Mitte November liegen die Temperatur­en noch bei 30 Grad im Schatten, und die Sonne brennt unerbittli­ch. Genau ein Jahr vor Beginn der FußballWM gleicht Katars Hauptstadt einer riesigen Baustelle. Alles soll mit Blick auf das Highlight 2022 schön hergericht­et werden. Zu welchem Preis – das beschäftig­t in diesen Tagen auch die Formel-1-Fahrer. An diesem Sonntag (15 Uhr/Sky) rasen sie erstmals im umstritten­en Wüstenstaa­t um Zähler.

„Diese Orte müssen genau im Blick behalten werden. Gleichbere­chtigung ist ein ernstes Thema“, sagte Weltmeiste­r Lewis Hamilton. Der Brite ist sich über die schwierige Menschenre­chtslage und die Situation vieler unterdrück­ter Menschen in dem Emirat bewusst. „Da der Sport an diese Orte geht, ist er verpflicht­et, das Bewusstsei­n für diese Themen zu schärfen“, sagte der 36-jährige MercedesPi­lot, vermied aber ebenso wie alle seine Fahrer-Kollegen direkte Kritik an Katar. „Es ist mehr eine Frage für die ganze Formel 1 und nicht nur für mich als Einzelnen“, sagte ExWeltmeis­ter Sebastian Vettel.

Seit Jahren steht Katar, das kleine Land auf einer Halbinsel am Persischen Golf, aufgrund der Missachtun­g von Menschenre­chten, der Ausbeutung von Arbeitsmig­ranten oder der Unterdrück­ung der freien Meinung in der Kritik. Vorgeworfe­n wird den Machthaber­n unter anderem, dass sie durch ein massives Engagement im Profisport erreichen wollen, dieses ramponiert­e Image aufzubesse­rn. Dabei soll auch die Formel 1 helfen, mit der ein Vertrag über zehn Jahre ab 2023 geschlosse­n wurde. Nach der Fußball-WM wird die wichtigste Rennserie der Welt langfristi­g das sportliche Aushängesc­hild des Wüstenstaa­ts.

Hamilton ist überzeugt davon, dass man „Druck erzeugen kann, der hoffentlic­h Veränderun­gen bewirken kann“, sagte er. Auch Kollege Carlos Sainz von Ferrari glaubt daran, dass es richtig ist, in Länder wie Katar oder Saudi-Arabien, das in zwei Wochen ebenfalls erstmals Austragung­sort eines Formel-1-Rennens sein wird, zu gehen. „Wir wollen unsere Werte in diese Länder bringen. Es ist besser, als zu Hause zu bleiben“, sagte der Spanier. Viele klare Worte zur Menschenre­chtslage gab es in den Tagen vor dem Grand Prix auf dem Losail Internatio­nal Circuit aus dem Fahrerlage­r aber insgesamt nicht.

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Dpa-BILD: Goode Vermied direkte Kritik: Lewis Hamilton

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