Mord an einem obdachlosen Philosophen
Im neuen Frankfurter Fall bietet sich Ermittler Murot dem Täter selbst als nächstes Opfer an
Frankfurt/Main – Filme mit dem hessischen LKA-Ermittler Felix Murot sind immer etwas Besonderes, und davon ist auch dieser Fall keine Ausnahme: Der neue „Tatort“mit dem von Ulrich Tukur gespielten Kommissar ist außerordentlich fantasievoll, ziemlich schräg und steckt wieder voller kurioser Einfälle, die sich im cleveren Drehbuch von Martin Rauhaus und der sorgfältigen Regie von Rainer Kaufmann niedergeschlagen haben – da hat fast jedes Bild eine symbolische Aussagekraft und viele Dialoge bestechen mit Witz und philosophischem Tiefgang.
Kein Wunder, denn im Zentrum des Krimis „Tatort: Murot und das Prinzip Hoffnung“an diesem Sonntag (2o.15 Uhr/Das Erste), dessen Titel sich auf das Hauptwerk von Ernst Bloch bezieht, steht die Ermordung eines ehemaligen Philosophieprofessors, der zum Obdachlosen wurde und eines Morgens erschossen unter einer Brücke in Frankfurt gefunden wird.
Jochen Muthesius ist bereits das dritte Opfer, das mit einer alten Parabellum-Pistole per Genickschuss getötet wurde, und das alles deutet auf einen Serienmörder hin. Murot, der einst bei Muthesius studierte und die Familie des Ermordeten gut kannte, muss im Laufe des turbulenten Krimis begreifen, dass die Mordserie auch etwas mit ihm persönlich zu tun hat, sodass er
den oder die Täter an einem entscheidenden Punkt der Ermittlungen auffordert, ihn als nächstes Opfer auszuwählen.
Zerrüttete Familie
Gemeinsam mit seiner skeptischen Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp), die ihm am Schluss mit einer beherzten Tat das Leben retten wird, taucht Murot tief in
die Geheimnisse der zerrütteten Familie Muthesius ein: Vater Jochen, einst ein angesehener Philosoph der weltberühmten „Frankfurter Schule“, verließ nach dem Selbstmord seiner Frau die herrschaftliche Villa im Taunus und fristete als Obdachloser sein Leben.
Laut Testament geht fast das gesamte Vermögen an seine jüngste Tochter Laura (Friederike Ott), während deren Schwester Inga (Karoline Eichhorn), die sich als Psychotherapeutin mit Familienaufstellungen beschäftigt, und ihr Bruder Paul (Lars Eidinger) leer ausgehen. Das sorgt für böses Blut in der Sippe, aus der Paul heraussticht: Der Exzentriker ist ein scharfsinniger Zyniker, der das Zeug zum Serienkiller haben könnte – immerhin hat Eidinger in einem anderen, dem Kieler „Tatort“, dreimal den berühmtesten Mehrfachmörder der Krimireihe gespielt.
Eidinger wieder brillant
Doch Paul, dem Regisseur Kaufmann einen von Eidinger großartig vorgetragenen Theater-Monolog im Schummerlicht einräumt, ist anders als Triebtäter Kai Korthals ein eloquenter Zeitgenosse, der Murot Rätsel aufgibt.
Doch auch der Rechtsradikale Jürgen von Mierendorff (Christian Friedel) und seine Mutter Franziska (Angela Winkler), die wie Felix Murot eng mit der Familie befreundet waren, rücken in den Fokus der Ermittlungen. Als in diesem sehenswerten „Tatort“ein vierter Mord geschieht, greift Murot zum letzten Mittel und bietet sich als Opfer an.