So laufen Stornierungen für Hochrisikogebiete
Reisewarnung nach mehr als einem Jahr Pandemie nicht mehr automatisch Stornogrund
Kehl – Der Skiurlaub ist längst gebucht und nun das: Fast ganz Österreich ist wieder Corona-Hochrisikogebiet. Auch Ungarn und Tschechien sind betroffen. Was gilt aus reiserechtlicher Sicht?
■ Bei Individualreisen
Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum stellt klar: Die Einstufung als Hochrisikogebiet hat keine Auswirkungen auf Touristen, die ihren Urlaub ohne Veranstalterhilfe selbst gebucht haben. Ein Recht auf kostenlose Stornierung der Unterkunft ergibt sich dadurch nicht. Es gibt laut der Expertin nur zwei Ausnahmen:
Erstens wenn die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen des Anbieters – ob Hotel oder Ferienwohnung – ausdrücklich etwas anderes vorsehen, zum Beispiel ein kostenloses Stornorecht bis kurz vor Abreise. „Falls nicht, muss ich auf die Kulanz des Anbieters hoffen“, sagt Wojtal.
Zweitens ergäbe sich ein Stornierungsrecht, falls Österreich oder eine Region im Land ein offizielles Beherbergungsverbot aussprächen. „Denn in diesem Moment kann das Hotel den Vertrag nicht erfüllen“, erklärt Wojtal.
Gleiches gilt für Flugtickets: Startet die Maschine, können sich Reisende individuell gebuchte Tickets nicht einfach erstatten lassen.
In Österreich ist die Situation durch eine strenge 2G-Regelung (geimpft oder genesen) vertrackt: „Dadurch habe ich faktisch ein Beherbergungsverbot für Ungeimpfte“, sagt Wojtal. Hier ließe sich argumentieren, dass man diesem Verbot durch eine Impfung entgehen könnte – jedenfalls wenn der Urlaub noch etwas in der Zukunft liegt. Ob diese Argumentation vor Gericht Bestand haben werde, sei aber zweifelhaft, sagt Wojtal. Eine Impfung zu fordern sei ein starker Eingriff in den persönlichen Lebensbereich.
Das heißt also: Bei Ungeimpften kann man argumentieren, dass die Geschäftsgrundlage hinfällig wird. Ob sich daraus ein kostenloses Stornorecht ableitet, ist dennoch schwierig zu sagen. Denn dass 2G in Österreich unter bestimmten Bedingungen kommen würde, war durch die Ankündigung eines Stufenplans der Regierung spätestens seit Anfang September absehbar. Wer danach gebucht hat, für den war die Verschärfung der Regeln also nicht ganz unvorhersehbar. Wie die Gerichte dies am Ende entscheiden werden, bleibt jedoch abzuwarten.
■ Für Pauschalurlauber
Wird ein Land zum Hochrisikogebiet, spricht das Auswärtige Amt eine Reisewarnung aus. In der Zeit vor Corona war eine solche Warnung ein deutlicher Hinweis auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände. Daraus ergab sich in der Regel für Veranstaltergäste das Recht, kostenlos zu stornieren.
Doch die Lage ist heute anders: „Ob nach über einem Jahr Pandemie noch ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, wenn ein Land nach der Buchung zum Hochrisikooder Virusvariantengebiet wird, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt“, sagt Wojtal.
Aufgrund der unklaren Rechtslage rät die Expertin Betroffenen, die auf eine Reise in ein Hochrisikogebiet verzichten wollen, mit ihrem Veranstalter eine gütliche Einigung zu suchen. Oder einen Flextarif zu buchen, der eine Stornierung oder Umbuchung ohne Angabe von Gründen ermöglicht. Oft zeigten sich Anbieter kulant und ermöglichen etwa kostenlose Umbuchungen auf andere Ziele oder Reisezeiträume.