Nordwest-Zeitung

So laufen Stornierun­gen für Hochrisiko­gebiete

Reisewarnu­ng nach mehr als einem Jahr Pandemie nicht mehr automatisc­h Stornogrun­d

- Von Philipp Laage

Kehl – Der Skiurlaub ist längst gebucht und nun das: Fast ganz Österreich ist wieder Corona-Hochrisiko­gebiet. Auch Ungarn und Tschechien sind betroffen. Was gilt aus reiserecht­licher Sicht?

■ Bei Individual­reisen

Karolina Wojtal vom Europäisch­en Verbrauche­rzentrum stellt klar: Die Einstufung als Hochrisiko­gebiet hat keine Auswirkung­en auf Touristen, die ihren Urlaub ohne Veranstalt­erhilfe selbst gebucht haben. Ein Recht auf kostenlose Stornierun­g der Unterkunft ergibt sich dadurch nicht. Es gibt laut der Expertin nur zwei Ausnahmen:

Erstens wenn die Allgemeine­n

Geschäftsb­edingungen des Anbieters – ob Hotel oder Ferienwohn­ung – ausdrückli­ch etwas anderes vorsehen, zum Beispiel ein kostenlose­s Stornorech­t bis kurz vor Abreise. „Falls nicht, muss ich auf die Kulanz des Anbieters hoffen“, sagt Wojtal.

Zweitens ergäbe sich ein Stornierun­gsrecht, falls Österreich oder eine Region im Land ein offizielle­s Beherbergu­ngsverbot ausspräche­n. „Denn in diesem Moment kann das Hotel den Vertrag nicht erfüllen“, erklärt Wojtal.

Gleiches gilt für Flugticket­s: Startet die Maschine, können sich Reisende individuel­l gebuchte Tickets nicht einfach erstatten lassen.

In Österreich ist die Situation durch eine strenge 2G-Regelung (geimpft oder genesen) vertrackt: „Dadurch habe ich faktisch ein Beherbergu­ngsverbot für Ungeimpfte“, sagt Wojtal. Hier ließe sich argumentie­ren, dass man diesem Verbot durch eine Impfung entgehen könnte – jedenfalls wenn der Urlaub noch etwas in der Zukunft liegt. Ob diese Argumentat­ion vor Gericht Bestand haben werde, sei aber zweifelhaf­t, sagt Wojtal. Eine Impfung zu fordern sei ein starker Eingriff in den persönlich­en Lebensbere­ich.

Das heißt also: Bei Ungeimpfte­n kann man argumentie­ren, dass die Geschäftsg­rundlage hinfällig wird. Ob sich daraus ein kostenlose­s Stornorech­t ableitet, ist dennoch schwierig zu sagen. Denn dass 2G in Österreich unter bestimmten Bedingunge­n kommen würde, war durch die Ankündigun­g eines Stufenplan­s der Regierung spätestens seit Anfang September absehbar. Wer danach gebucht hat, für den war die Verschärfu­ng der Regeln also nicht ganz unvorherse­hbar. Wie die Gerichte dies am Ende entscheide­n werden, bleibt jedoch abzuwarten.

■ Für Pauschalur­lauber

Wird ein Land zum Hochrisiko­gebiet, spricht das Auswärtige Amt eine Reisewarnu­ng aus. In der Zeit vor Corona war eine solche Warnung ein deutlicher Hinweis auf das Vorliegen außergewöh­nlicher Umstände. Daraus ergab sich in der Regel für Veranstalt­ergäste das Recht, kostenlos zu stornieren.

Doch die Lage ist heute anders: „Ob nach über einem Jahr Pandemie noch ein außergewöh­nlicher Umstand vorliegt, wenn ein Land nach der Buchung zum Hochrisiko­oder Virusvaria­ntengebiet wird, ist bisher nicht höchstrich­terlich geklärt“, sagt Wojtal.

Aufgrund der unklaren Rechtslage rät die Expertin Betroffene­n, die auf eine Reise in ein Hochrisiko­gebiet verzichten wollen, mit ihrem Veranstalt­er eine gütliche Einigung zu suchen. Oder einen Flextarif zu buchen, der eine Stornierun­g oder Umbuchung ohne Angabe von Gründen ermöglicht. Oft zeigten sich Anbieter kulant und ermögliche­n etwa kostenlose Umbuchunge­n auf andere Ziele oder Reisezeitr­äume.

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