Über die Sicht auf Ungeimpfte
Betrifft: „Tyrannei der Ungeimpften“, Kolumne von Thomas Haselier über Geimpfte, Ungeimpfte und die CoronaLage, Meinung, 17. November
Vielen Dank für Ihre präzise Beschreibung der aktuellen Corona-Situation. Sie haben (...) den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Tyrannei der Dummen ist aber kein neues Phänomen. Es wird nur in dieser kritischen Situation in besonderem Maße deutlich.
Ansonsten begegnen wir ihm in vielfältiger Form und verschiedensten Zusammenhängen. Die Klimadiskussion wird uns mit der gleichen Problematik konfrontieren. Mit dieser Feststellung möchte ich als Naturwissenschaftler aber in keiner Weise die Forderung verbinden, dass immer alle einer Meinung sein müssen. (...) Querdenken sollte oberste Pflicht der Bürgerinnen und Bürger sein. Nur zum Querdenken gehört (...) in zentraler Weise und unersetzbar das Denken. Idealerweise auf Grundlage von Fakten, die jede und jeder individuell und subjektiv bewerten darf, um darauf die eigene Entscheidung aufzubauen.
Querdenken auf der Grundlage von Unwahrheiten, Fake News und Aberglauben wird aber niemals einen konstruktiven Beitrag zur Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme leisten. Die Politiker werden sich daher mit dem Phänomen, dass sie circa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung argumentativ einfach nicht erreichen, zukünftig noch viel intensiver beschäftigen müssen.
Eine Impfpflicht (...) ist dennoch nicht das Mittel der Wahl zur Bekämpfung der Pandemie, weil es auch Menschen gibt, die (...) Angst haben – vor der Spritze, vor dem Wirkstoff und/oder vor den Folgen der Impfung. Diese Ängste muss man ernst nehmen. Man kann mit ihnen im Gegensatz zu Aberglauben und Fake News aber konstruktiv umgehen. Der Rolle der Hausärzte als Vertrauenspersonen kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Sie sollten im Zuge der weiteren Impfkampagne deutlich gestärkt werden.
Egon Harms Oldenburg
Sie bringen es in Ihrem Beitrag zur Corona-Lage auf den Punkt und ich danke Ihnen für die deutlichen Worte und Ihren Mut, dies so klar zu benennen. Leider ist die Politik oder besser gesagt sind „Die Entscheider“nicht in der Lage, sich so definiert zu äußern. Die Corona-Pandemie ist keine Privatsache und jeder, der sich nicht impfen lässt, handelt egoistisch und unsozial – hofft aber im Krankheitsfall selbstverständlich auf die Solidarität der Gesellschaft und die Hilfe der Mediziner.
Klaus Hollas Loy
Bitte lesen Sie doch auch mal die Seite 7 der vom 17. November (Ammerland-Ausgabe): „Eine Entwicklung vom
Wochenende setzt sich fort. So meldete das Gesundheitsamt am Montag, dass unter den Fällen vom Sonntag 18 vollständig geimpfte Personen waren und nur fünf ohne Impfschutz.“Und dann kurz später: „ …. die drei neu erfassten Infektionen vom Montag: Alle drei betroffenen Personen waren vollständig geimpft.“
(...) Hören Sie bitte mit der Spaltung der Gesellschaft auf. Wie ich zum Impfen stehe, tut nichts zur Sache, aber diese Hetzjagd auf Ungeimpfte ist (...) angesichts der Tatsache, dass immer mehr Geimpfte das Virus tragen und weitertragen nicht angebracht. Was uns helfen kann ist testen, testen, testen und Abstand.
Ursula Peters Edewecht
Danke, dass Sie mit ihrem Artikel den Nagel auf den Kopf getroffen haben und endlich aussprechen, was viele schon lange denken.
Schön dass es noch Autoren wie Sie gibt, die mitdenken und Missstände aufdecken und benennen.
Weiter so und nochmals vielen Dank!
Stefan Schröder Bad Zwischenahn
Vom ersten bis zum letzten Wort haben Sie alle meine Gedanken in drei Spalten auf den Punkt gebracht.
Und sprachlich sollte sich mancher Ihrer Redaktions-Kolumnen-Kollegen ein Beispiel nehmen. Herzlichen Dank.
Axel Kassner Oldenburg
Tyrannen. Idioten. Sozialschädlinge. Dumm. Was sich Ungeimpfte heutzutage so alles anhören müssen. Herr Haselier stimmt (einigen) dieser Begriffe zu. Und dann wundert man sich, warum sich Ungeimpfte nicht impfen lassen wollen? Je mehr man zu etwas gezwungen wird, das man nicht haben will, desto größer wird die Abneigung. Beleidigungen bringen da nichts, im Gegenteil.
Dabei fällt auch auf, dass die Rhetorik in diesem Land wahrlich faschistisch geworden ist. Eine kleine Minderheit (Ungeimpfte), die die Mehrheit (Geimpfte) durch ihre pure Existenz bedroht („Tyrannei“) und deshalb bekämpft werden muss („Für Ungeimpfte muss die Luft dünner werden“). Das ist faschistische Denke.
Herr Haselier spricht die Inzidenzzahlen an. Und? Gibraltar, annähernd 100 Prozent Impfquote, Inzidenz 400+. Inzidenz allein ist nicht aussagekräftig.
Überfüllte Krankenbetten? Über 4000 Intensivbetten wurden seit Jahresbeginn abgebaut, unter anderem weil Personal fehlt. Schuld hat die Politik. Da kommen Ungeimpfte als Sündenböcke gerade recht.
Herr Haselier möchte „Impfunwillige endlich strafrechtlich verfolgen“. Strafrechtlich? Das sind Menschen, die eine freie Entscheidung getroffen haben, keine Verbrecher! Trotz „freier Entscheidung“wird man massiv gedrängt. Eine Impfpflicht durch die Hintertür von einer Politik, die die Pflicht will, aber nicht den Mumm hat, sie durchzusetzen, weil niemand dafür geradestehen will.
„Menschen sterben wegen Ungeimpften, deshalb muss die Impfpflicht her.“Mit der Argumentation kann man Fettleibige zur Diät zwingen, das Rauchen, Alkohol und sogar den Straßenverkehr verbieten. Es könnten ja Menschen sterben!
Tim Garbers Wardenburg
Ich bin nun schon seit vielen Jahren Abonnent Ihrer Zeitung und somit einiges gewöhnt, aber einen derart unterirdischen Kommentar habe ich in all den Jahren dann doch noch nicht gelesen. (...) Sie wähnen sich offenbar im Besitz der (letzten) „Wahrheit“und vergessen, dass es sich dabei nur um Ihre subjektive Sichtweise handelt. Offensichtlich sind Sie nicht in der Lage, Distanz zu den eigenen Gefühlen aufzubauen und sie von der „Wahrheit“(wie auch immer diese aussehen mag) zu unterscheiden.
Das Thema „Impfung“polarisiert: Irgendwie scheint die Fähigkeit verloren gegangen zu sein, sich gegenseitig zuzuhören und einen respektvollen Diskurs zu führen. Das Credo unseres Alt-Bundespräsidenten Johannes Rau („Versöhnen statt spalten“) scheint nicht mehr en vogue zu sein. Es gibt scheinbar nur noch schwarz oder weiß bzw. gut oder böse. Die Aggressivität, mit der Sie die kritischen Stimmen der „Impfunwilligen“delegitimieren, erstaunt umso mehr, wenn man bedenkt, dass Sie sich vermutlich im linksliberalen Milieu verorten. Sie scheinen vergessen zu haben, dass Freiheit immer auch die Freiheit der Andersdenkenden ist (um mit Rosa Luxemburg zu sprechen).
Sie tragen mit Ihrem unseligen Kommentar zur Spaltung der Gesellschaft bei! Ich hoffe, dass Sie sich künftig eines Besseren besinnen. In diesem Sinne...
Wilfried Backhus Großenkneten
Sehr vielen Ihrer Gedanken kann ich zustimmen, aber nicht der Bezeichnung der Impfunwilligen als nicht denkende Idioten, wie Sie sich sinngemäß äußerten.
Die Impfunwilligen denken m. E. sehr wohl, nur eben zu wenig gemeinschaftlich, da sie den Aufwand bzw. das Risiko scheuen, die die Geimpften freiwillig auf sich genommen haben. Und deren Motive sind ja – das wollen wir doch nicht vergessen – höchst heterogen: – sie wollen wieder in die Disco – sie wollen wieder auf Flugreise u. a.
Ist das so gemeinschaftlich? Ich finde das, wenn auch auf andere Art, ziemlich egoistisch. Aber es kommt eben darauf an, in die Gedanken der Impfunwilligen einzudringen oder es zumindest zu versuchen. Das geht nicht, indem man ihnen das Denken einfach abspricht. Es dürfte eher erfolgversprechend sein, sie darauf hinzuweisen, was die freiwillige Impfung der anderen schon bewirkt hat und dass es keine nennenswerten Zahlen von schweren Nebenwirkungen gibt.
Ich bin aber auch der Meinung, dass sich auch die Geimpften wieder mindesten zweimal wöchentlich selbst testen sollten, damit wir eine Ahnung davon bekommen, wie viele Impfdurchbrüche es wirklich gibt. Die milden Verläufe sind ja andererseits der Nutzen des mit der Impfung eingegangenen gewissen Risikos.
Godehard Gottwald Varel
Das Lesen Ihrer Zeitung gehört zu meinem Morgenritual und Rituale legt man nicht voreilig ab. Doch ich gehöre zu den Menschen, die die Berichterstattung über das Corona-Thema nicht mehr aushalten. Ich bin entsetzt über Ihre Mitwirken an der Spaltung unserer Gesellschaft. Das aktuelle Beispiel ist der Bericht von Thomas Haselier vom 17.11.21, „Tyrannei der Ungeimpften“. Vom Aufruf zu weiterer Diskrimination, sogar von strafrechtlicher Verfolgung der Ungeimpften schrieb er. Dies ist für mein Menschenbild nicht vertretbar und es entsetzt mich, dass der
Artikel veröffentlicht wurde und gebildete Menschen über so wenig Reflexionsvermögen verfügen und nicht erkennen, wie groß der Beitrag der Medien an dieser Spaltung der Gesellschaft ist und durch Ihr Mitwirken der Pegel der Panik und Ängste durchgehend hochgehalten wird.
Ich wünsche mir vermehrt Neutralität und eine Berichterstattung, die die Meinung aller anhört und darüber berichtet. (...) Es braucht einen Umgang, der zuhört und sich mit der Angst angemessen auseinandersetzt, sodass ein Zusammenleben und das Aushalten anderer Meinungen wieder ermöglicht werden kann, denn unterschiedliche Sichtweisen wird es immer geben. Damit benötigt unsere Gesellschaft einen Umgang, den sie scheinbar bisher noch nicht gefunden hat.
Sie als Zeitung und Berichterstattung haben eine große Wirkung auf die Gesellschaft. Jeder wünscht sich ein friedvolles Miteinander, aber nur wenige sind bereit, sich daran so zu beteiligen, dass es wirklich umgesetzt werden kann.
Iris Strömer Hude
Drei Schritte hätte man auf politischer Ebene unternehmen müssen, um der Pandemie zu begegnen: Das Problem „Pflegenotstand“ist seit vielen Jahren bekannt. Die Bezahlung ist nach wie vor nicht ausreichend, die Arbeitszeiten sind unattraktiv, eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist kaum gegeben. 4000 Intensivbetten stehen leer, weil es kein Personal dafür gibt.
Lösungsansatz? – Fehlanzeige! Schlechte Luft in Kindertageseinrichtungen und Schulen ist ein uraltes Problem. Spätestens seit den Osterferien 2020 hätte man flächendeckend alle Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Luftfiltern ausrüsten können. Der öffentliche Personennahverkehr kommt zu Stoßzeiten schon lange an seine Grenzen. Leider ist es unseren Politikerinnen und Politikern nicht gelungen, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, um den ÖPNV auszubauen. Statt an diesen Punkten – die alle auch über Corona hinaus sinnvoll sind – zu arbeiten, findet ein erbitterter Streit darüber statt, wer Schuld hat an den vielen Neuinfektionen.
Wer von einer Pandemie der Ungeimpften spricht, vergisst dabei offenbar, dass viele Geimpfte annehmen, man könne wieder alles unternehmen: Erwachsene Menschen meinen, sie müssten sich verkleiden und in großen Massen Karneval feiern, Jugendliche und junge Erwachsene feiern ausgelassen in Diskotheken, Weihnachtsmärkte sollen öffnen und viele glauben, weil sie geimpft sind, kann ihnen und ihrem Umfeld das Virus nichts anhaben. Auch hier wäre ein deutliches Zeichen aus der Politik notwendig: bis auf Weiteres keine großen Menschenansammlungen zu Freizeitveranstaltungen.
Sabine Friele Butjadingen