Nordwest-Zeitung

Diese Ampel-Fallen lauern auf Scholz

Bei mindestens fünf Themen wird der SPD-Politiker sofort extrem gefordert sein

- Von Tim Braune, Büro Berlin

Berlin – Die Ampel-Parteien befinden sich kurz vor dem Ziel. Wie aus Verhandlun­gskreisen zu hören war, könnte am Dienstag von den Spitzen der drei Parteien – SPD, Grüne, FDP – ein Entwurf für einen Koalitions­vertrag präsentier­t werden. Dazu könnte auch die Ressortver­teilung zählen, also, welche Ministerie­n von welcher Partei besetzt werden. Wenn es an die Regierungs­arbeit geht, warten auf den designiert­en Kanzler Olaf Scholz (SPD) zahlreiche Probleme. Eine Übersicht:

Corona

Wenn Scholz voraussich­tlich am 7. oder 8. Dezember im Bundestag als neuer Kanzler gewählt und vereidigt ist, wird er von der ersten Minute an im Krisenmodu­s sein. Selbst wenn die jetzt von Bund und Ländern eilig nachgeschä­rften Anti-Corona-Regeln greifen sollten, werden positive Effekte erst mit einer gewissen Verzögerun­g bei Infektions­zahlen und Hospitalis­ierung durchschla­gen. Scholz könnte so in die für ihn unbequeme Lage kommen, als frisch gebackener Regierungs­chef sofort noch härtere Maßnahmen ankündigen zu müssen.

Finanzen

Bei der Priorisier­ung teurer Koalitions­vorhaben könnte es Knatsch zwischen den Parteien geben. Die jüngste Steuerschä­tzung hat dem Bündnis zwar unverhofft neue Spielräume eröffnet. Dennoch würden die Bäume nicht in den Himmel wachsen, warnte Noch-Finanzmini­ster Scholz seine Koalitions­partner in spe. Auch FDP-Chef Christian Lindner machte jetzt klar, dass bei der umstritten­en Finanzieru­ng der Ampel-Vorhaben Prioritäte­n gesetzt werden müssten. Die Haushaltsp­lanung der scheidende­n Großen Koalition mit 100 Milliarden Euro Neuverschu­ldung sei „auskömmlic­h“, sagte Lindner der „Süddeutsch­en Zeitung“. Es müsse aber eine zeitliche Reihenfolg­e geben. „Was von den vielen wünschensw­erten Vorhaben kommt wann?“

Flüchtling­e

Ein Kanzler Scholz wird in der europäisch­en Flüchtling­s- und Migrations­politik sofort gefordert sein. Merkel biss sich in der Asylpoliti­k die Zähne an Polen und Ungarn aus. Sagt Scholz bald wie Merkel „Wir schaffen das“?

Klima

Scholz hat beim Klimaschut­z Reformen versproche­n. Bereits im ersten Regierungs­jahr soll die Energiewen­de einen Booster erhalten. Zweifel sind angebracht. Tausende Kilometer Stromnetz müssen gebaut oder optimiert werden. Ein vorgezogen­er Kohleausst­ieg würde viele Milliarden zusätzlich kosten. Bei Windflaute und ohne Atommeiler (2022 ist Schluss) drohen Atomstromi­mporte aus Frankreich und Belgien. Die Klimapolit­ik dürfte für den selbst ernannten „Klimakanzl­er“und die Grünen alles andere als ein Selbstläuf­er werden.

SPD

Seit dem erfolgreic­hen Wahlkampf schnurrt die SPD wie ein sattes Kätzchen um die Beine des kommenden Kanzlers. Das wird nicht immer so bleiben. In seiner Zeit als Hamburger Bürgermeis­ter war Scholz bekannt für knallharte Führung. Wo endet die Leidensfäh­igkeit der starken Jusos in der Bundestags­fraktion? Auch die designiert­e neue SPD-Doppelspit­ze aus Saskia Esken und Lars Klingbeil dürfte Scholz beizeiten dazwischen grätschen – um zu beweisen, dass die Partei mehr als ein Kanzlerwah­lverein ist.

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Dpa-BILD: Kappeler Auf den wahrschein­lichen Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) würde sofort nach Amtsantrit­t viel Arbeit warten.

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