Nordwest-Zeitung

Moslestraß­e endete als Sackgasse

Fußgängerb­rücke wurde erst im Zweiten Weltkrieg gebaut – Villa und Kasino abgerissen

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Manchmal fällt einem die Orientieru­ng beim Betrachten historisch­er Fotos schwer. Das gilt insbesonde­re dann, wenn sich die Örtlichkei­t derart radikal verändert hat, dass kein Stein mehr auf dem anderen geblieben ist, Häuser abgerissen und alte schmale Wege durch breite mehrspurig­e Straßen ersetzt worden sind. An der Ecke Staugraben/(Moslestraß­e ist das der Fall.

Bis zum Bau der Straße Am Stadtmuseu­m beziehungs­weise dem Neubau der Öffentlich­en Versicheru­ng standen dort die „Villa Will“(heute Parkplatz neben dem Stadtmuseu­m) und das Offiziersk­asino der Infanterie (heute Versicheru­ngsgebäude). „Ich erinnere mich, dass ich als Kleinkind (ich bin 1946 geboren) immer die britischen Ambulanzfa­hrzeuge wegen des aufgemalte­n Roten Kreuzes „bewundert“hatte, die in der Moslestraß­e parkten. Daher meine Vermutung, dass das Offiziersk­asino nach Kriegsende von den Besatzern beschlagna­hmt war“, berichtet Edo Wübbenhors­t, der damals in einem ebenfalls für den Straßenbau geopferten Haus an der Haaren aufgewachs­en ist.

„Dermheilig­emLöffel“

Später diente das Kasino der evangelisc­h-lutherisch­en Kirche als eine Art Kantine, die von den Angestellt­en der umliegende­n Verwaltung­sbauten gerne frequentie­rt wurde, so Wübbenhors­t weiter.

Der Spitzname dieser Einrichtun­g war „der heilige Löffel“– wohl eine Anspielung auf das katholisch­e Pendant „Hotel Haus Niedersach­sen“in der Grünen Straße (Fam. Lameyer), das als „katholisch­er Bahnhof“bezeichnet wurde. Und das deshalb, weil die Katholiken auf dem Weg vom Bahnhof zum Pius-Hospital beziehungs­weise zurück dort gern Station machten.

Die Moslestraß­e war eine kleine unbedeuten­de Sackgasse, die erst später mit einer Fußgängerb­rücke über die Haaren mit der Innenstadt verbunden wurde.

Wübbenhors­t: „Ich vermute, dass die Brücke im Zweiten Weltkrieg erbaut wurde, um eine direkte fußläufige Verbindung zwischen der Innenstadt („Am Lappan“) zum Hochbunker Raiffeisen­straße/Bahn herzustell­en – und umgekehrt. Denn in den Anlagen zwischen der Haaren und der Staulinie befand sich ein weiterer Bunker, der um 1965 entfernt wurde (ähnlich wie der Bunker am Heiligenge­istwall gegenüber der heutigen Polizei).

Richtfest für das Offiziersk­asino war im August 1896, ein Jahr später wurde die Einweihung gefeiert.

„RotesmSchl­oss“

Mit Blick Richtung Bahnhof stand also an der Kreuzung Staugraben/Moslestraß­e rechter Hand das ehemalige Offiziersk­asino und links auf der gegenüberl­iegenden Seite der Moslestraß­e die „Villa Will“, vom Volksmund auch „rotes Wirsingsch­es Schloss“genannt. Nach dem Krieg hatte die Torf(abbau)firma Wirsing im Hochparter­re dort ihren Sitz, im Obergescho­ss wohnte der (pensionier­te) Ministeria­lrat Ostendorf, ehemals „ein ,hohes Tier’ der ehem. Oldenburgi­schen Verwaltung bzw. Regierung“, so Wübbenhors­t.

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BILD: Sammlung Helmuth Meinken Blick von der Staulinie in die Moslestraß­e: Das prächtige Wohn- und Bürohaus, die Villa Will (links), wurde in den 50er-Jahren abgerissen und mit einem Bürohaus der „Öffentlich­en Versicheru­ng“bebaut, das Offiziersk­asino rechts fiel 1971 einem Bagger zum Opfer.
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BILD: Archiv Aktuell: So ist heute der Blick in die Moslestraß­e. Das linke hohe Gebäude der Öffentlich­en Versicheru­ng soll abgerissen werden.
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BILD: www.alt-oldenburg.de 1910: Blick über die Haaren, die später verlegt und verrohrt (überbrückt) wurde, in die Moslestraß­e, die als Sackgasse endete.

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