Ein Sanftmütiger mit Merkel-Makel
Helge Braun bewirbt sich als CDU-Chef – Noch-Kanzleramtschef will seine Partei erneuern
Berlin – Der Außenpolitiker Norbert Röttgen hat sich und sein Personal bereits präsentiert. Ex-Fraktionschef Friedrich Merz auch. Nun ist der Dritte im Kampf um den CDUVorsitz vor die Presse getreten: Helge Braun. Der Sanftmütige unter den drei Kandidaten.
Er ist geschäftsführender Kanzleramtschef, Angela Merkels oberster Corona-Bekämpfer und einer ihrer engsten Vertrauten. Wen wundert es da, dass sich Helge Braun auch als Verteidiger des Erbes der Kanzlerin und ehemaligen CDU-Chefin sieht? „Die Ära, auf die wir zurückblicken, darauf wird die CDU mit Stolz schauen“, meinte der Hesse am Montag.
■ Die Person
Helge Braun, 49 Jahre alt, geboren in Gießen, ehemaliger Anästhesist, schwergewichtig. Gern bezeichnet man ihn im politischen Berlin als „Balu der Bär“, weil er so gutmütig daherkommt. Von Merz und Röttgen war eine Kandidatur für den CDU-Vorsitz erwartet worden. Aber den noch amtierenden „ChefBK“, so sein offizielles Kürzel, hatten die Wenigsten auf dem Zettel. Braun ist freilich der Neue im Wettstreit; Röttgen versucht zum zweiten Mal, Merz zum dritten Mal den Sprung auf den Chefsessel. Brauns Chancen? Bislang wohl eher gering.
■ Profil und Team
In vielen Bereichen sei die Union nicht mehr attraktiv, begründete Helge Braun seine Kandidatur. „Das Angebot muss lauten, dass die CDU mit all ihren Wurzeln wieder gleichgewichtig wahrgenommen wird.“
Er stehe für eine inhaltliche und organisatorische Erneuerung; er wolle die CDU zur „Mitmachpartei“machen. Einem Flügel wollte er sich nicht zuordnen lassen, auch wenn er als liberal-konservativ gilt. Zwei Frauen hatte Braun an seiner Seite, auf die das wohl auch zutrifft: Serap Güler, 41, soll Generalsekretärin werden. Sie war einst im Team Armin Laschet, früher Staatssekretärin für Integration in NRW, jetzt ist sie Bundestagsabgeordnete. „Es soll sich insgesamt
wieder gut anfühlen, bei der CDU zu sein“, meinte Güler. Und dann gibt es Nadine Schön, 38, bisherige DigitalExpertin der Fraktion. Die Saarländerin soll Leiterin der CDU-Struktur- und Programmentwicklung werden, wenn Braun die Wahl gewinnt. „Wir wollen und müssen unsere eigene Parteiarbeit reformieren und modernisieren.“
■ Kritik
Allerdings ist der geschäftsführende
Kanzleramtschef nicht überall in der Union gut gelitten. Das hat Gründe. In Braun sehen viele ein „Weiter so“, ob er will oder nicht. Wegen seiner jahrelangen Regierungsarbeit im Schatten der Kanzlerin Merkel. Den Vorwurf könne er aber „nicht nachvollziehen“, wehrte er ab. „Jetzt fängt eine neue Ära an, die völlig anders ist. Eine Ära der Opposition.“Wie die Partei ticke, „was sie an innerem Herzblut wieder entwickeln will, um erfolgreich zu sein,
das weiß ich“, behauptete er.
■ Ausblick
Die drei Kandidaten gehen nun in die interne Vorstellungsphase: Am Abend stellte sich Friedrich Merz digital den Fragen von Mitgliedern, am Mittwoch sitzt Röttgen auf dem heißen Stuhl, am Donnerstag Braun.
Wer am Ende gewinnen wird? Ernsthaft festlegen will sich da in der Union noch keiner.