Nordwest-Zeitung

„Einige Studierend­e sind überforder­t“

Professori­n Nanna Fuhrhop über Sprachverf­all an Hochschule­n, Kommata und soziale Medien

- Von Christoph Tapke-Jost

Geburtstag­e: Franco Nero (1941/Bild), italienisc­her Schauspiel­er („Django“); Rafi Eitan (1926), israelisch­er Politiker (unter seiner Leitung spürten Mossad-Agenten Adolf Eichmann in Argentinie­n auf und brachten ihn nach Israel)

Todestag: Klaus Kinski (19261991), deutscher Schauspiel­er („Fitzcarral­do“, „Der schwarze Abt“)

Namenstag: Felizitas, Klemens

Frau Fuhrhop, man hört es immer häufiger von Lehrerinne­n oder Dozenten: Kinder und junge Erwachsene haben Probleme bei Grammatik, Rechtschre­ibung, Zeichenset­zung. Gibt es aktuelle Studien dazu? Fuhrhop: Ja, es gibt eine aktuelle Bestandsau­fnahme von Kristian Berg und Jonas Romstadt, beides ehemalige Oldenburge­r, jetzt an der Universitä­t Bonn. Sie haben für den Dritten Bericht zur Sprache der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung herausgear­beitet, dass die Zeichenset­zung (Interpunkt­ion) in den Abiturklau­suren von 1948 bis heute tatsächlic­h schlechter geworden ist. Allerdings ist damit noch nicht ausgewerte­t, dass heute sehr viel mehr Personen pro Jahrgang Abitur machen.

Das heißt?

Fuhrhop: Heute gibt es diejenigen, die recht fehlerfrei Zeichen setzen und die auch das Inventar, also das Semikolon, nutzen, immer noch – lassen Sie es nur sechs Prozent sein. Das ist ungefähr der Prozent

Haben Sie ein Beispiel? Fuhrhop: Strukturel­l häufig wird das sogenannte Vorfeldkom­ma. Das ist eins der wenigen zu viel gesetzten Kommas. ,Trotz der überaus angespannt­en Haushaltsl­age, wurde diese Ausgabe beschlosse­n‘ – dieses Komma ist durchaus häufig. Dennoch ist es nach der heute gültigen Regel ein Kommafehle­r – wir finden es übrigens auch in Zeitungen und in kollegiale­n Texten…

Sind einige Studenten an Universitä­ten überforder­t, also nicht mehr in der Lage, wissenscha­ftliche Arbeiten zu schreiben?

Fuhrhop: Ja, das denke ich schon. Aber dennoch bin ich vorsichtig: Denn die Studierend­en, die sich wirklich schwertun, hatte ich schon immer. Man ist nämlich immer in der Gefahr, von seiner eigenen Erfahrung auf andere zu schließen. Wir haben inzwischen kapiert, dass wir hier ranmüssen. So machen wir uns schon viele Gedanken, wie wissenscha­ftliches Schreiben in die Seminare zu integriere­n ist. Und zwar auf allen Ebenen – und wenn es dann im Master ist, dass wir mal veröffentl­ichte Fachaufsät­ze auseinande­rnehmen und beurteilen.

Wie stark ist der Unterschie­d der Guten im Vergleich zu den Schwachen?

Fuhrhop: Wir haben das ganze Spektrum.

Spielen soziale Medien und das Handy eine Rolle? Wer sich heutzutage dort Nachrichte­n durchliest, findet teils in jedem Satz Fehler.

Fuhrhop: Hier ist das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen. Aber: Auch in der gesprochen­en Sprache beherrsche­n wir sehr unterschie­dliche Register. Wir sprechen in offizielle­n Situatione­n anders als beim Kaffeetrin­ken mit der besten Freundin. Allerdings ist es nicht von der Hand zu weisen, dass wir heute sehr viele Texte lesen von nicht-profession­ellen Schreibern und Schreiberi­nnen. Das ist in der Menge sicher etwas Neues. Aber unvollstän­dige Sätze in der gesprochen­en Sprache hören wir schon immer und dennoch sind die meisten in der Lage, intuitiv zu verstehen, wann ein Satz vollständi­g ist.

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