Darum hapert es beim EWE-Kundenservice
Konzern verweist auf viele Anfragen und neue IT – Betriebsrat sieht auch Managementfehler
Oldenburg – Fast täglich erreichten unsere Redaktion in den vergangenen Tagen Beschwerden von Lesern über den Kundenservice der EWE. Mal weil sie seit Monaten auf ihre Abrechnung warten, mal weil es nach einem Anbieterwechsel überhaupt keine Rückmeldung gab oder weil der Oldenburger Energie- und Telekommunikationskonzern auch nach Jahren verstorbene Kunden anschreibt.
Auch in Online-Portalen fiel das Urteil über den EWEKundenservice in den vergangenen Wochen meist vernichtend aus. „Trustpilot“, eine Website für Verbraucherbewertungen, verzeichnete zuletzt rund 1400 Bewertungen für EWE. In 63 Prozent der Fälle gab es die schlechteste Note „ungenügend“. Auszug aus den Kommentaren: „Werde ignoriert als Neukunde“, „Selbst ein Stern ist noch zu viel“, „Mit 3 Telefonen auch nach 68 Minuten noch niemanden bei der Hotline erreicht“.
Jetzt schlägt auch der Gesamtbetriebsrat Alarm. In einer internen Stellungnahme hat er sich nach Informationen unserer Redaktion „ernsthaft besorgt“über die Entwicklung gezeigt und auf ein „hohes Maß an Kundenunzufriedenheit“verwiesen. Beklagt wird ein „massiver Stau“bei der Bearbeitung von Kundenanliegen und eine hohe Krankenstandsquote. Die Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei „mittlerweile grenzüberschreitend“.
Was sind die Gründe für die Probleme bei EWE
Das Unternehmen räumt Probleme beim Kundenservice ein. Steffen Groppel, Leiter EWE-Kundenservice, verweist u.a. darauf, dass es seit einigen Wochen „eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Kundenanfragen“gebe. Der Energiemarkt sei derzeit enorm in Bewegung. Da viele Anbieter die Strom- und Gaspreise erhöhen und einige sogar
Hunderttausende Mitarbeiter arbeiten bundesweit im Kundenservice von Unternehmen (Symbolbild). Der Kundenservice der EWE kämpft derzeit mit größeren Problemen.
laufende Verträge kündigten, nehme man als Grundversorger derzeit „in einem größeren Umfang als sonst neue Kunden auf“. Zudem würden die EWE-Kunden momentan im laufenden Betrieb in ein neues Kundenmanagementsystem überführt. Auch diese Systemumstellung sorge „an einigen Stellen für einmaligen Mehraufwand und zusätzliche Rückfragen“.
Hat EWE zu wenige Mitarbeiter im Service
Dem widerspricht Groppel: „Wir haben ausreichend Personal, um auf Schwankungen im Jahresverlauf zu reagieren.“Er verweist auf eine „hohe dreistellige Anzahl“an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bei der EWE täglich telefonisch beraten. Allerdings sei der Anstieg der Anfragen in den vergangenen Wochen zu stark gewesen, um mit eigenen Kräften hierauf „adäquat reagieren zu können“.
Was sagt der Betriebsrat von EWE
Der Gesamtbetriebsrat hält es für zu kurz gegriffen, die Ursachen für die Probleme vor allem im IT-Bereich und dem neuen Kundenmanagementsystem zu sehen. In der Stellungnahme ist auch von „Managementfehlern“die Rede. Den verantwortlichen Managern hätte „klar sein müssen, dass bei der Einführung einer neuen Abrechnungssoftware in der Regel mehr Arbeitskräfte erforderlich werden“. Die dadurch bedingte Mehrbelastung drücke sich jetzt in steigenden Krankenquoten aus. „Durch diese und weitere Managementfehler sind erhebliche Wanderungsbewegungen in andere Abteilungen oder EWE-Unternehmen ausgelöst worden“, heißt es weiter. Die dadurch freiwerdenden Stellen seien „unzureichend nachbesetzt“worden. Es müsse nun alles unternommen werden, um das Belastungsniveau
betroffener Beschäftigter „wieder auf ein erträgliches Maß zurückzuführen“.
Wie will das Unternehmen die Probleme lösen
„Die derzeitige Situation entspricht nicht unserem Anspruch“, räumt Groppel ein. Um Abhilfe zu schaffen, habe man u.a. ein „interdisziplinäres Team“geschaffen, das an „schnellen und pragmatischen Lösungen“arbeitet. Zudem soll „kurzfristig“mehr Personal im Service eingesetzt werden, so dass Anfragen schneller bearbeitet werden können. Die Anzahl von Beschäftigten von Dienstleistern an den Hotlines soll ebenfalls kurzfristig erhöht werden. Zudem sollen Standardprozesse automatisiert werden.
Dem Gesamtbetriebsrat reicht das nicht. Schon die Struktur der Sonderkommission für das intern auch „Sturmflut“genannte Projekt hält er für „problematisch“,
weil es sich im Wesentlichen um die Managerinnen und Manager handle, „die für die aktuelle Krisensituation mitverantwortlich sind“. Der Betriebsrat spricht sich u.a. für einen umfangreichen „Springerpool“aus, der nicht mit Leiharbeitern, sondern qualifizierten Mitarbeitern der EWE besetzt wird. Auch sollten betroffene Beschäftigte eine Sonderzulage erhalten.
Wann rechnet EWE mit Besserungen
Von heute auf morgen wird das wohl nicht gelingen. „Wir arbeiten intensiv und mit Hochdruck an Verbesserungen und werden die Situation in einigen Wochen deutlich stabilisiert und entspannt haben“, sagt Groppel. Bis dahin könne man „nur um Geduld bitten“. Alle Anliegen würden bearbeitet, „auch wenn es etwas länger dauert, als man das von uns normalerweise gewohnt ist“.