Indizien belasten Anfang schwer
Verdacht gegen zurückgetretenen Werder-Trainer erhärtet
Bremen – Die Details, die im Skandal um den wahrscheinlich gefälschten Impfpass von Werder Bremens Ex-Trainer Markus Anfang nach und nach herauskommen, sind erschreckend. Sie zeichnen ein Bild, das den 47-Jährigen als offenbar ungeimpften Lügner mit verantwortungslosem Handeln dastehen lässt. Ein Bild, das in der Größenordnung zu einem der größten Skandale der Liga-Geschichte taugt.
Was sind die neuen Erkenntnisse
Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Bremen teilte am Montag mit, dass sie davon ausgeht, dass der Impfausweis des früheren Profis gefälscht ist. „In dem uns vorliegenden Impfausweis sind zwei Impfungen des Impfzentrums Köln dokumentiert. Die für das Impfzentrum Köln zuständige Kassenärztliche Vereinigung hat uns mitgeteilt, dass die Personalien des Beschuldigten im dortigen System nicht erfasst sind“, sagte Frank Passade, Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, gegenüber Radio Bremen. Es sei deswegen davon auszugehen, dass Anfang nicht wie angegeben in Köln geimpft wurde, da jeder, der dort im Impfzentrum eine Dosis erhielt, in der EDV erfasst worden sei. Anfangs Impfzertifikat hatte die Polizei am Freitagabend beschlagnahmt. Der Beschuldigte hatte kooperiert und so eine Wohnungsdurchsuchung vermieden. Am Samstag war er als Werder-Trainer aufgrund der Vorwürfe zurückgetreten. Tags zuvor hatte er über eine ClubMitteilung sich noch so zitieren lassen: „Ich habe genau wie jeder andere doppelt geimpfte Bürger meine beiden Impfungen in einem offiziellen Impfzentrum erhalten und dafür die entsprechenden Aufkleber im gelben Impfpass bekommen.“Laut Passade sei der nächste Schritt, dass „dem Beschuldigten rechtliches Gehör gewährt wird“. Anfang habe sich einen Anwalt genommen, aber noch keine Aussage gemacht: „Er wird erst einmal Akteneinsicht fordern.“
Was sind die Ungereimtheiten
Auch darüber, wie der immer wahrscheinlicher werdende Schwindel des Ex-Profis ans Tageslicht gekommen ist, gibt es derweil einige neue Details. So berichtet die Werder-nahe „Deichstube“aus „zuverlässigen Quellen“, dass Anfang seine Impfungen laut seinem Pass im April und Juli erhalten haben soll – und dabei gibt es mehrere Ungereimtheiten.
■ Indiz 1: Der angegebene Termin der Zweitimpfung fällt in den Zeitraum, als Anfang mit Werder im Trainingslager im österreichischen Zillertal war. Wie soll er sich in der Zeit in Köln impfen lassen haben?
■ Indiz 2: Ende August vor Werders Auswärtsspiel beim Karlsruher SC mussten Anfang
und sein „Co“Florian Junge sowie alle ungeimpften Insassen einer Maschine am Frankfurter Flughafen in Quarantäne, da der Corona-Test eines Bremer Spielers fälschlicherweise positiv ausgefallen war. Zwei negative Testungen später durften sie die Isolation verlassen, die Öffentlichkeit bekam davon nichts mit. Als Anfangs Pass in der Vorwoche bei den Bremer Gesundheitsbehörden kontrolliert worden ist, wurde ein Mitarbeiter stutzig. Warum ging Anfang im August in Quarantäne, wenn er laut Pass im April und Juli geimpft worden war?
■ Indiz 3: Nach dem Amtsantritt im Juni hatte Anfang erklärt, noch nicht geimpft geworden zu sein. Laut Pass war die Erstimpfung aber im April.
■ Indiz 4: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben laut Passade ergeben, dass die bei Anfangs erstem Termin angegebene Chargennummer des Impfstoffs nie verimpft wurde. Die Chargennummer des zweiten Termins wurde laut Passade zwar verimpft, aber nicht an dem in Anfangs Dokument angegebenen Tag.
Warum macht ein Foto Anfang zudem Probleme
Sollte sich bestätigen, dass Anfang ungeimpft ist, macht ihm ein Foto zusätzliche Probleme. Es ist vom 11. November und zeigt ihn verkleidet beim Kölner Karneval. Dort soll er auf einer Feier gewesen sein, bei der die 2G+-Regel galt – es durften nur Geimpfte und Genesene auf die Party, die sich auch tagesaktuell auf das Coronavirus testen lassen haben. Auch im Außenbereich durften nur Geimpfte und Genesene feiern. Ist Anfangs Impfpass tatsächlich gefälscht, war er dort verbotenerweise.