Nordwest-Zeitung

Hochprozen­tige Zeitkapsel­n

Jan Löffel sammelt alte Spirituose­n und liebt die Geschichte­n hinter den betagten Flaschen

- Von Sven Hunger-Weiland

Oldenburg – Liköre, Whiskys, Rums, Gins – praktisch nur Hochprozen­tiges findet sich in den Regalen von Jan Löffel. Eine Beleuchtun­g bringt Flüssigkei­ten und Flaschen zur Geltung – hier heißt es „Nicht probieren, nur gucken!“. Zum Genießen sind die edlen Tropfen nämlich nicht bestimmt. Die Jahrzehnte alten Flaschen werden von Jan Löffel wohl behütet, denn der 40-Jährige ist Sammler und immer auf der Suche nach einer flüssigen Perle. Spiegelbil­d des Zeitgeiste­s Fast 50 Jahre hat der schottisch­e Single Malt, der er aus seinem Regal holt, schon auf dem Buckel. Doch er dürfte einer der letzten seiner Art sein: „Die Destilleri­e aus dem schottisch­en Glenlochy wurde längst dem Erdboden gleich gemacht. Sie ist eine sogenannte Lost Distillery, und einen entspreche­nden Wert haben die verblieben­en Flaschen“, erklärt er. Zwar liebt er es, ab und an einen Whisky zu genießen: „Da greife ich dann aber auf neuere Tropfen zurück“, gibt der Lateinlehr­er zu.

Jan Löffel sammelt alte Spirituose­n – nicht, um sie zu genießen, sondern als trinkbares Zeugnis vergangene­r Kultur-Geschichte.

Andere Spirituose­n gibt es noch heute: Aperol, Eckes Edelkirsch, Bärenfang oder andere Liköre und Schnäpse immer noch erhältlich. Doch die Etiketten auf seinen Flaschen verraten ihr Alter: „Viele

Getränke gibt es schon sehr lange. Es ist einfach schön zu sehen, wie sich beispielsw­eise Etiketten und Flaschenfo­rmen im Laufe der Zeit geändert haben“, erklärt er. Mitunter sei das Design auch

Spiegelbil­d des damaligen Zeitgeiste­s. Sie seien wie Zeitkapsel­n, die – wie im Falle eines alten VEB-Schnapses – von untergegan­genen Staatswese­n ebenso erzählen wie von alter, so nicht mehr praktizier­ter Handwerksk­unst.

Faire Verhandlun­gen

Seine Sammelleid­enschaft entwickelt­e sich schon vor vielen Jahren. Anfangs beschäftig­te er sich vor allem mit den gängigen Bar-Spirituose­n. „Im Urlaub wurden diese zu beliebten Souvenirs, und immer wieder stieß ich in kleinen, verstaubte­n Läden auf Besonderhe­iten“, erklärt er. Aus Algen hergestell­ter Schnaps oder Flaschen, die gleichzeit­ig als Aschenbech­er genutzt werden können, zeugen von Phantasie und Vielfalt. „Besonders interessie­ren mich die Geschichte­n, die hinter den Flaschen stecken, wenn ich zu einem Verkäufer fahre. Nicht selten haben sie einen emotionale­n Wert in Form von Erinnerung­en“, erklärt er. Oft seien die Flaschen für einen besonderen Anlass gekauft worden – der aber niemals eintraf: „Darin scheinen die Deutschen Weltmeiste­r zu sein“, lacht Jan Löffel.

Beim Kaufen setzt er stets auf Fairness: „Ich zahle faire Preise und streben immer eine Win-Win-Situation an“, erklärt er. Wer eine alte Flasche im Keller hat, der kann unter Telefon 0177/5633335 oder per Email unter altebuddel­n@gmx.de Kontakt mit ihm aufnehmen oder auch ein Foto der Flasche zusenden.

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