Koalitionsvertrag steht – das planen die drei Parteien
Das Schriftstück enthält einige Überraschungen – Zu den größten Aufgaben zählt der Klimaschutz
Berlin – Massiver Ausbau klimafreundlicher Technologien, Erhöhung des Mindestlohns, Begrenzung des Mietanstiegs, Verzicht auf Rentenkürzungen – das sind die zentralen Inhalte des neuen Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Die Verhandlungsführer der drei Parteien blieben im Zeitplan. Der Wahl von Olaf Scholz (SPD) zum Bundeskanzler in der Woche des 6. Dezembers steht jetzt nichts mehr im Weg. Im Einzelnen legten sich die AmpelKoalitionäre auf die folgenden Vorhaben fest. Eine Auswahl:
■ Klimaschutz: Eine der größten Aufgaben. Das neue Ampel-Bündnis bekräftigt das Ziel, Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral zu machen. Im Energiebereich nimmt sich die Ampel einen enormen Schritt vor: Bis 2030 sollen 80 Prozent des Strombedarfs mit erneuerbaren Energien abgedeckt werden. Dafür soll der Netzausbau beschleunigt werden, gleiches gilt für Planungs- und Genehmigungsverfahren. Solaranlagen sollen sich künftig auf „allen geeigneten Dachflächen“befinden – bei gewerblichen Neubauten wird dies zur Pflicht, bei privaten soll es „die Regel“werden. Der Kohleausstieg soll „idealerweise“bereits bis 2030 gelingen.
■ Rente: Die Ampel-Koalition will das Mindestrentenniveau bei 48 Prozent sichern und das Rentenalter nicht anheben. Damit bleibt es bei der Rente mit 67 Jahren. Auch der Rentenbeitrag soll in dieser Legislaturperiode nicht über 20 Prozent steigen (aktuell: 18,6 Prozent).
■ Pflege: Um die Arbeit in der Pandemie zu honorieren, will der Bund eine Milliarde Euro für Pflegekräfte in Krankenhäusern und Heimen zur Verfügung stellen. Zudem soll die Steuerfreiheit für den Pflegebonus auf 3000 Euro angehoben werden.
■ Haushalt und Finanzen: Die neue Koalition sieht von Steuererhöhungen ab und
von 2023 an die Vorgaben der Schuldenbremse wieder einhalten. Gleichzeitig sollen auch die Investitionen in Klimaschutz, Bildung, Digitalisierung und Infrastruktur stark ausgeweitet werden. Das steuerliche Dieselprivileg soll überprüft und abgeschafft werden. Auch soll der Sparerpauschbetrag zum 1. Januar 2023 auf 1000 Euro bzw. 2000
Euro bei Zusammenveranlagung erhöht werden.
■ Arbeit und Grundsicherung: Der Mindestlohn soll in einem einmaligen Schritt von derzeit 9,60 Euro auf zwölf Euro angehoben werden. Danach soll wieder die Mindestlohnkommission die Lohnuntergrenze festsetzen. Die Mini-Job-Grenze will die Ampel von 450 auf 520 Euro pro Monat anheben, die Midi-Job-Grenze für Stellen mit ermäßigten Sozialversicherungsbeiträgen soll auf 1600 Euro Bruttogehalt angehoben werden. Hartz IV wollen SPD, Grüne und FDP überwinden. Künftig soll die Grundsicherung „Bürgergeld“heißen. Höhere Bezüge für Langzeitarbeitslose sind damit aber nicht verbunden.
■ Miete und Wohnungsbau: Die Mietpreisbremse soll verlängert und verschärft werden. In Gebieten mit angewill spanntem Wohnungsmarkt soll die Miete binnen drei Jahren nur noch bis zu elf Prozent steigen dürfen statt wie bisher bis zu 15 Prozent. Jährlich sollen 400 000 neue Wohnungen gebaut werden. Davon sollen 100 000 öffentlich gefördert werden.
■ Familienpolitik: Die Kinderrechte sollen explizit im Grundgesetz verankert werden. Zur besseren finanziellen Förderung des Nachwuchses will die neue Koalition die Kindergrundsicherung einführen. Diese Leistung soll das sozio-kulturelle Existenzminimum sichern.
■ Demokratie: Das aktive Wahlalter für die Wahlen zum Europäischen Parlament soll auf 16 Jahre sinken. Geplant ist auch ein Vorstoß zur Änderung des Grundgesetzes, um auch das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre zu senken.