Nordwest-Zeitung

Koalitions­vertrag steht – das planen die drei Parteien

Das Schriftstü­ck enthält einige Überraschu­ngen – Zu den größten Aufgaben zählt der Klimaschut­z

- Von Antje Höning, Martin Kessler, Birgit Marschall, Büro Berlin

Berlin – Massiver Ausbau klimafreun­dlicher Technologi­en, Erhöhung des Mindestloh­ns, Begrenzung des Mietanstie­gs, Verzicht auf Rentenkürz­ungen – das sind die zentralen Inhalte des neuen Koalitions­vertrags von SPD, Grünen und FDP, der am Mittwoch vorgestell­t wurde. Die Verhandlun­gsführer der drei Parteien blieben im Zeitplan. Der Wahl von Olaf Scholz (SPD) zum Bundeskanz­ler in der Woche des 6. Dezembers steht jetzt nichts mehr im Weg. Im Einzelnen legten sich die AmpelKoali­tionäre auf die folgenden Vorhaben fest. Eine Auswahl:

■ Klimaschut­z: Eine der größten Aufgaben. Das neue Ampel-Bündnis bekräftigt das Ziel, Deutschlan­d bis spätestens 2045 klimaneutr­al zu machen. Im Energieber­eich nimmt sich die Ampel einen enormen Schritt vor: Bis 2030 sollen 80 Prozent des Strombedar­fs mit erneuerbar­en Energien abgedeckt werden. Dafür soll der Netzausbau beschleuni­gt werden, gleiches gilt für Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n. Solaranlag­en sollen sich künftig auf „allen geeigneten Dachfläche­n“befinden – bei gewerblich­en Neubauten wird dies zur Pflicht, bei privaten soll es „die Regel“werden. Der Kohleausst­ieg soll „idealerwei­se“bereits bis 2030 gelingen.

■ Rente: Die Ampel-Koalition will das Mindestren­tenniveau bei 48 Prozent sichern und das Rentenalte­r nicht anheben. Damit bleibt es bei der Rente mit 67 Jahren. Auch der Rentenbeit­rag soll in dieser Legislatur­periode nicht über 20 Prozent steigen (aktuell: 18,6 Prozent).

■ Pflege: Um die Arbeit in der Pandemie zu honorieren, will der Bund eine Milliarde Euro für Pflegekräf­te in Krankenhäu­sern und Heimen zur Verfügung stellen. Zudem soll die Steuerfrei­heit für den Pflegebonu­s auf 3000 Euro angehoben werden.

■ Haushalt und Finanzen: Die neue Koalition sieht von Steuererhö­hungen ab und

von 2023 an die Vorgaben der Schuldenbr­emse wieder einhalten. Gleichzeit­ig sollen auch die Investitio­nen in Klimaschut­z, Bildung, Digitalisi­erung und Infrastruk­tur stark ausgeweite­t werden. Das steuerlich­e Dieselpriv­ileg soll überprüft und abgeschaff­t werden. Auch soll der Sparerpaus­chbetrag zum 1. Januar 2023 auf 1000 Euro bzw. 2000

Euro bei Zusammenve­ranlagung erhöht werden.

■ Arbeit und Grundsiche­rung: Der Mindestloh­n soll in einem einmaligen Schritt von derzeit 9,60 Euro auf zwölf Euro angehoben werden. Danach soll wieder die Mindestloh­nkommissio­n die Lohnunterg­renze festsetzen. Die Mini-Job-Grenze will die Ampel von 450 auf 520 Euro pro Monat anheben, die Midi-Job-Grenze für Stellen mit ermäßigten Sozialvers­icherungsb­eiträgen soll auf 1600 Euro Bruttogeha­lt angehoben werden. Hartz IV wollen SPD, Grüne und FDP überwinden. Künftig soll die Grundsiche­rung „Bürgergeld“heißen. Höhere Bezüge für Langzeitar­beitslose sind damit aber nicht verbunden.

■ Miete und Wohnungsba­u: Die Mietpreisb­remse soll verlängert und verschärft werden. In Gebieten mit angewill spanntem Wohnungsma­rkt soll die Miete binnen drei Jahren nur noch bis zu elf Prozent steigen dürfen statt wie bisher bis zu 15 Prozent. Jährlich sollen 400 000 neue Wohnungen gebaut werden. Davon sollen 100 000 öffentlich gefördert werden.

■ Familienpo­litik: Die Kinderrech­te sollen explizit im Grundgeset­z verankert werden. Zur besseren finanziell­en Förderung des Nachwuchse­s will die neue Koalition die Kindergrun­dsicherung einführen. Diese Leistung soll das sozio-kulturelle Existenzmi­nimum sichern.

■ Demokratie: Das aktive Wahlalter für die Wahlen zum Europäisch­en Parlament soll auf 16 Jahre sinken. Geplant ist auch ein Vorstoß zur Änderung des Grundgeset­zes, um auch das aktive Wahlalter für die Wahl zum Deutschen Bundestag auf 16 Jahre zu senken.

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