Loyal oder Gegenspieler?
Wie wird sich Kevin Kühnert gegenüber Olaf Scholz verhalten?
Berlin – Olaf Scholz ist nicht allmächtig in der SPD. Das zeigt die Personalie Kevin Kühnert. Am Freitag wurde der frühere Juso-Chef als nächster Generalsekretär nominiert. Seit dem Sieg bei der Bundestagswahl Ende September war öffentlich vielfach der Eindruck aufgekommen, der nächste Kanzler habe in der Partei nahezu unbegrenzte Beinfreiheit, könne Schalten und Walten.
Selbst gestandene Ministerpräsidenten wie Stephan Weil verkündeten, über die künftigen SPD-Bundesminister etwa entscheide Scholz allein. An diesem Montag soll bekannt gegeben werden, wen die Partei für die sechs Ressorts Innen, Verteidigung, Gesundheit, Bauen, Entwicklung und Arbeit auserwählt hat. Als gesetzt gelten nur Hubertus Heil (bislang Arbeit), Svenja Schulze (bislang Umwelt) und Wolfgang Schmidt (Kanzleramtsminister).
Duftmarke der Spitze
Die Darstellung von „Olaf almighty“gefällt nicht allen in der Führung. Nun hat die designierte Doppelspitze aus Saskia Esken und Lars Klingbeil eine erste eigene Duftmarke gesetzt. Ex-Juso-Chef Kühnert macht den nächsten Karriereschritt und wird Ma
nager im Willy-Brandt-Haus, das damit noch weiter nach links rücken dürfte. Das birgt Chancen und Risiken.
Unbestritten gilt Kühnert als größtes sozialdemokratisches Talent. Er ist ein starker Redner. Doch Generalsekretär einer Kanzlerpartei zu sein, erfordert mehr. Die SPD wird drei Machtzentren haben. Das Kanzleramt mit Scholz, die Bundestagsfraktion und die Partei. Manche Genossen treibt die Sorge um, dass der populäre und medienaffine 32-Jährige als Person quasi
sein eigenes Machtzentrum wird. Klingbeil und Kühnert sind zwar Vertraute, auch Esken kann gut mit ihm. Doch beide Vorsitzende dürften alsbald die Erfahrung machen, dass Kühnert sie in den Schatten stellt. Damit werden alle Beteiligten umgehen müssen.
Talkshows, Konferenzen
Kühnert selbst wird in jeder Talkshow und Pressekonferenz die Politik von Scholz verteidigen müssen. Die Penetranz, mit der Scholz selbst diese
Aufgabe zu Agenda-Zeiten als Generalsekretär von Gerhard Schröder ausfüllte, trug ihm den Beinamen „Scholzomat“ein. Beim Juso-Bundeskongress vor einer Woche waren die Auftritte von Scholz und Kühnert keineswegs deckungsgleich. Scholz missfiel, wie Jungsozialisten die Koalition mit Grünen und FDP teils madig machten. Kühnert indes knüpfte sich die FDP vor. Als Leiter der Arbeitsgruppe Bauen und Wohnen habe ihn genervt, wie die Liberalen gebremst hätten.