Wundertüte mit Knalleffekt
Das kann spannend werden. Kevin Kühnert, der frühere Juso-Chef und aktuelle Vize-Vorsitzende, soll neuer Generalsekretär der SPD werden.
Eine echte Sensation ist das zwar nicht, aber eine Wundertüte mit potenziellem Knalleffekt. Denn dem Frischling im Bundestag wird eine Schlüsselrolle zukommen für das Bild, das die neue Ampel-Koalition und ihre tragende Säule, die SPD, in der Öffentlichkeit abgibt.
Insofern trägt er künftig auf zwei Schultern. Dass er den politischen Spagat beherrscht, hat er in den letzten Monaten bewiesen – und damit Olaf Scholz auch den Weg ins Kanzleramt geebnet.
Dabei hat der ausgewiesene Linke Kevin Kühnert politisch mit dem gnadenlosen Pragmatiker Olaf Scholz nicht viel gemein. Selbstbewusst hat er zeitweise das Ende der großen Koalition betrieben, in der Scholz bis heute noch Vizekanzler ist, und das ebenfalls eher links verortete Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans an Scholz vorbei zu Parteichefs gemacht.
Nach getaner Arbeit allerdings und seiner eigenen Wahl zum Partei-Vize hat er die Kanzlerkandidatur des früheren Hamburger Bürgermeisters nicht nur akzeptiert, sondern ihr über viele Monate auch keinerlei Steine in den Weg gelegt. Er war loyal und weitgehend leise – aus Überzeugung oder Berechnung.
Damit kann sich Kühnert als einer der Väter der Ampel fühlen. Nun also soll der gewiefte Taktierer als Generalsekretär wieder als Lautsprecher seiner Partei reaktiviert werden. Er kann damit, wenn er es übertreibt, zu einem ständig schmerzenden Stachel im Pelz des ersten sozialdemokratischen Kanzlers seit Langem werden.
Er kann aber auch, wenn er es gut macht, seiner Partei neben Scholz und zusammen mit den beiden Vorsitzenden ein akzentuiertes eigenes Gesicht geben.
Das wäre die eigentlich große Mission: Kevin Kühnert könnte eine wesentliche Rolle dabei spielen, dass die SPD auch nach der Amtszeit von Scholz als kanzlerfähig wahrgenommen wird – ganz im Sinne des Zieles eines sozialdemokratischen Jahrzehnts.