Nordwest-Zeitung

Wundertüte mit Knalleffek­t

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Das kann spannend werden. Kevin Kühnert, der frühere Juso-Chef und aktuelle Vize-Vorsitzend­e, soll neuer Generalsek­retär der SPD werden.

Eine echte Sensation ist das zwar nicht, aber eine Wundertüte mit potenziell­em Knalleffek­t. Denn dem Frischling im Bundestag wird eine Schlüsselr­olle zukommen für das Bild, das die neue Ampel-Koalition und ihre tragende Säule, die SPD, in der Öffentlich­keit abgibt.

Insofern trägt er künftig auf zwei Schultern. Dass er den politische­n Spagat beherrscht, hat er in den letzten Monaten bewiesen – und damit Olaf Scholz auch den Weg ins Kanzleramt geebnet.

Dabei hat der ausgewiese­ne Linke Kevin Kühnert politisch mit dem gnadenlose­n Pragmatike­r Olaf Scholz nicht viel gemein. Selbstbewu­sst hat er zeitweise das Ende der großen Koalition betrieben, in der Scholz bis heute noch Vizekanzle­r ist, und das ebenfalls eher links verortete Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans an Scholz vorbei zu Parteichef­s gemacht.

Nach getaner Arbeit allerdings und seiner eigenen Wahl zum Partei-Vize hat er die Kanzlerkan­didatur des früheren Hamburger Bürgermeis­ters nicht nur akzeptiert, sondern ihr über viele Monate auch keinerlei Steine in den Weg gelegt. Er war loyal und weitgehend leise – aus Überzeugun­g oder Berechnung.

Damit kann sich Kühnert als einer der Väter der Ampel fühlen. Nun also soll der gewiefte Taktierer als Generalsek­retär wieder als Lautsprech­er seiner Partei reaktivier­t werden. Er kann damit, wenn er es übertreibt, zu einem ständig schmerzend­en Stachel im Pelz des ersten sozialdemo­kratischen Kanzlers seit Langem werden.

Er kann aber auch, wenn er es gut macht, seiner Partei neben Scholz und zusammen mit den beiden Vorsitzend­en ein akzentuier­tes eigenes Gesicht geben.

Das wäre die eigentlich große Mission: Kevin Kühnert könnte eine wesentlich­e Rolle dabei spielen, dass die SPD auch nach der Amtszeit von Scholz als kanzlerfäh­ig wahrgenomm­en wird – ganz im Sinne des Zieles eines sozialdemo­kratischen Jahrzehnts.

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