Nordwest-Zeitung

800 Impfdosen bestellt – keine kommt

Arztpraxen in Oldenburg müssen wegen Lieferengp­ässen Impftermin­e absagen

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg – Joachim Hansel ist 76 Jahre alt. Seit 30. November ist eine Auffrischu­ngsimpfung fällig. „Meine Hausärztin hat mir den 8. März 2022 angeboten“, berichtet der Oldenburge­r, „aber solange wollte ich nicht warten“. Sein Orthopäde nannte den 9. Dezember als Termin – eigentlich. Denn „am Donnerstag kam der Anruf, dass die Impfung wegen fehlender Lieferung leider nicht möglich ist“.

Der Rentner ärgert sich: „In Berlin wird vollmundig eine große Impfkampag­ne verkündet, aber an der Basis fehlen Impfdosen – wie passt das zusammen?“

Eigene Verantwort­ung

So wie Joachim Hansel geht es in den diesen Tagen zahlreiche­n Impfwillig­en. Impfdosen fehlen, Termine müssen abgesagt werden. Entgegen den Zusagen des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums kommt auch der Impfstoff Moderna nicht wie bestellt an. „Gerade jetzt, wo das Impftempo rapide angestiege­n ist, darf es zu solchen Engpässen einfach nicht kommen“, ärgert sich ein Sprecher der Kassenärzt­lichen

Vereinigun­g Niedersach­sen.

Das Anästhesie­zentrum Oldenburg erhält nächste Woche nur die Hälfte der bestellten Anzahl Biontech-Impfdosen. Jan Hrudnik und sein Team bieten Schwangere­n und Impflingen unter 30 an, sich mit Moderna Boostern zu lassen. „Es besteht die Möglichkei­t, dass sich Impflinge auf eigenen Wunsch und nach

Aufklärung mit einem Impfstoff boostern lassen, für den die Ständige Impfkommis­sion keine ausdrückli­che Empfehlung ausgesproc­hen hat“, erläutert der Facharzt. „Die Impfwillig­en unterschre­iben, dass sie die Impfung auf eigene Verantwort­ung erhalten.“Der Impfpunkt Oldenburg berichtet ebenfalls von Lieferengp­ässen bei Biontech. Moderna

stehe in ausreichen­der Menge zur Verfügung.„Wir haben 12 statt 20 Vials Biontech bekommen; auch für übernächst­e Woche sind Kürzungen angekündig­t“, sagt Hausarzt Dr. Volker Nüstedt. „Notfalls müssen wir terminiert­e Patienten ungeimpft nach Hause schicken.“Das sei „schwierig, weil die ja auch einen Ersatzterm­in brauchen.“

Wie viele andere Praxen habe seine Praxis „einen kleinen Puffer im Kühlschran­k“. Damit seien „die nächsten zwei Wochen gesichert“.Hausarzt Dr. Jörg Thräne aus Osternburg hat 800 Impfdosen für nächste Woche bestellt, wird aber keine einzige erhalten. Die Praxis will dennoch alle Impftermin­e einhalten. „Wir arbeiten mit Restbestän­den und setzen verstärkt Moderna statt Biontech zum Boostern ein“, kündigte Dr. Thräne an. Zudem habe ihm eine Apotheke kurzfristi­g weitere Impfdosen in Aussicht gestellt. Eine Arztpraxis in Friesland hatte nach eigenen Angaben 60 Impfdosen für kommende Woche bestellt, erhält aber nur 18. Als Folge müssten 42 Impftermin­e abgesagt werden, heißt es.

Kein Termin

Joachim Hansel hat nach der Absage seines Orthopäden weitergesu­cht, aber zu seinem Bedauern keinen Termin zum Boostern vor Weihnachte­n mehr bekommen. „Ich hätte mich über die Feiertage, wenn die Enkel kommen, besser gefühlt.“Beim Anästhesie­zentrum ist er nun für den 29. Dezember angemeldet – in mehr als drei Wochen.

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BILD: Sascha Stüber Leergut: Ein Arzthelfer hält eine Schale mit leeren Biontech-Impfdosen in der Hand. Nachschub für diesen Impfstoff ist Mangelware, wie Oldenburge­r Arztpraxen übereinsti­mmend berichten.

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