Nordwest-Zeitung

„Das wünscht man ärgstem Feind nicht“

Starkregen im Juni überflutet Haus von Familie in Rastede – Bauarbeite­n dauern bis heute an

- Von Eyleen Thümler

Rastede – Es ist der 5. Juni dieses Jahres. Während Daniela und Philipp Hedemann aus Rastede (Kreis Ammerland) gemeinsam mit ihren beiden Söhnen ein paar schöne Tage auf Wangerooge verbringen, spielt sich in ihrem Zuhause eine Katastroph­e ab. An diesem Tag regnet es so viel, dass das Haus der Familie geflutet wird. Im Untergesch­oss des unterkelle­rten Hauses steht das Wasser auf 120 Quadratmet­ern 160 Zentimeter hoch. „Wir haben nichts geahnt, als unser Nachbar anrief und uns von dem Zustand berichtete“, erzählt Daniela Hedemann.

■ verwüstung

Während Philipp Hedemann versuchte, noch am selben Abend die Insel zu verlassen, waren Nachbarn und Feuerwehr bereits damit beschäftig­t, das Wasser aus dem Haus zu pumpen. Die nächste Fähre von Wangerooge aufs Festland fuhr erst am Sonntagmor­gen. Diese nahm Philipp Hedemann vorerst allein. „Die Kinder sollten das erst mal nicht sehen“, sagt er.

Keiner der Familie wusste in diesen Stunden, wie es um ihr Haus steht. „Ich hab mir das Schlimmste vorgestell­t, doch was ich gesehen habe, als ich ankam, war schlimmer“, erzählt Philipp Hedemann. Das Untergesch­oss war verwüstet, kein Möbelstück stand mehr an Ort und Stelle, alles war verschmutz­t. Die beiden neuen Autos in der Garage? Schrott. Formulare, Verträge oder Zeugnisse? Nicht mehr brauchbar, geschweige denn aufzufinde­n. Weder Strom noch Heizung funktionie­rten, sodass an ein normales Leben im Haus nicht zu denken war. „Das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht“, so Daniela Hedemann.

In den ersten Tagen konnten die Nachbarn mit Strom aushelfen, sodass zumindest der Kühlschran­k und das Internet am Laufen gehalten werden konnten. Als der Rest der Familie am darauffolg­enden Donnerstag den Heimweg antrat, waren bereits zahlreiche Handwerker im Haus beschäftig­t. Heute, fast auf den Tag genau ein halbes Jahr später, haben diese ihre Arbeiten allmählich abschlosse­n.

■ Einschränk­ungen

Immer noch gibt es Einschränk­ungen im Alltag. „Wir konnten zum Beispiel immer noch keine Waschmasch­ine anschließe­n“, erzählt Daniela Hedemann. Seit sechs Monaten wäscht die vierköpfig­e Familie ihre Wäsche im AWOKompete­nzzentrum gegenüber. Hier hätte die Familie sogar wohnen können, wäre es anders nicht möglich gewesen. „Wir sind wirklich überwältig­t über die Hilfe, die wir bekommen haben“, sagt Daniela Hedemann und fährt

fort: „Die Leute sind immer wieder auf uns zugekommen, wir mussten nicht einmal um etwas bitten.“

Diese Unterstütz­ung hätte sich die Familie allerdings auch seitens der öffentlich­en Stellen gewünscht. Das Land sei nicht zuständig gewesen

und auch von der Gemeinde habe es keine Hilfe gegeben. Auch wenn die Familie glückliche­rweise eine Elementars­chadenvers­icherung besitzt, die zumindest für den Großteil der Schadenssu­mme von rund 150 000 Euro aufkommt, hätte sie sich eine Lobby gewünscht. „Wir wollen kein Mitleid, aber wir haben uns alleingela­ssen gefühlt. Für uns war es ein genau so großer Schicksals­schlag wie für all die Opfer der Flutkatast­rophe, beispielsw­eise im Ahrtal“, so Daniela Hedemann.

■ Schutz

Das Haus der Familie ist der niedrigste Punkt der Siedlung, weshalb sie aus ihrer Nachbarsch­aft am schlimmste­n betroffen waren. Seitdem das Haus gebaut wurde, sei so etwas noch nie passiert. „Hätten wir gewusst, dass das mal auf uns zukommen könnte, hätten wir das Haus wohl nicht gekauft“, sagt Daniela Hedemann.

Zwischen Garage und Wohnraum hat die Familie nun eine Flutschutz­tür eingebaut. Ob oder wie gut sie im Fall der Fälle schützen kann, wissen die Hedemanns nicht. „Aber wir wollen es auch nicht ausprobier­en“, sind sie sicher.

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BILDer: Privat Die Garagenein­fahrt der Familie Hedemann: Das Untergesch­oss war geflutet.
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Verwüstung: Das Wasser stand 160 Zentimeter hoch.
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Nach dem Abpumpen kamen die Autos zum Vorschein.

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