Nordwest-Zeitung

Zeugin belastet früheren VfB-Chef

Berufungsv­erfahren gegen Doll vor Landgerich­t Dortmund fortgesetz­t

- Von Otto-Ulrich Bals

Oldenburg – Im Berufungsv­erfahren vor dem Landgerich­t Dortmund ist der frühere Fußballer und Geschäftsf­ührer des VfB Oldenburg, Benjamin Doll (39), am zweiten Verhandlun­gstag durch eine Zeugin belastet worden. Der gebürtige Oldenburge­r war Ende 2020 vom Amtsgerich­t Hamm wegen Vergewalti­gung zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Mit Hilfe des Strafverte­idigers Gerhard Strate (71) aus Hamburg will Doll nun in zweiter Instanz seine Unschuld beweisen.

Lücken in Schilderun­g

Das Gericht hatte dazu am zweiten Verhandlun­gstag die Vernehmung von fünf Zeugen anberaumt. Mit Spannung wurde dabei der Auftritt des vermeintli­chen Opfers erwartet. Die 34-Jährige aus Hamm war als Zeugin geladen. Die knapp 60-minütige Befragung durch die Vorsitzend­e Richterin Wessel, Dolls Anwalt und

Staatsanwa­lt Strunk ergab letztlich ein sehr verworrene­s Bild in Bezug auf die Glaubwürdi­gkeit der Zeugin. Befragt zu den Vorgängen in der Tatnacht vom 1. auf den 2. Februar 2019 wiesen ihre Schilderun­gen immer wieder große Erinnerung­slücken auf.

Zunächst unter Tränen schilderte die 34-Jährige die psychische­n Belastunge­n als unmittelba­re Folge der Tat, die sich in der Nacht in einem Hotel in Hamm abgespielt haben soll. Und erst als die Vorsitzend­e Richterin mehrfach aus den Vernehmung­sprotokoll­en der Polizei aus dem Februar 2019 zitierte, konnte sich die Frau wieder erinnern und zur Sache beitragen. So konnte sie sich an „einen Typen mit Glatze und einem Tattoo auf dem rechten oder linken Oberarm“erinnern, mit dem sie die Nacht im Hotelzimme­r verbrachte. Auf die Frage der Vorsitzend­en Richterin, ob sie in dem Beschuldig­ten Benjamin Doll den Mann aus dem Hotelzimme­r erkenne, antwortete sie: „Ja, ich erkenne ihn.“

Doll und die Frau sollen sich in der besagten Tatnacht am 1. Februar gegen 1 Uhr morgens im Hotel eingefunde­n und gegen 8.45 wieder verabschie­det haben. Was in dieser Zeit konkret passierte, dazu konnte sie keine Angaben machen. Sie habe nur noch „Blitze gesehen“und wäre am Morgen im Hotelbett aufgewacht. Viel Alkohol, Beruhigung­smittel und womöglich K.o.-Tropfen sollen im Spiel gewesen sein. Letztere Substanzen wurden nach der besagten Tatnacht in dem Hammer Hotel nicht nachgewies­en. Auch eine Hausdurchs­uchung beim Angeklagte­n durch die Polizei hatte 2019 keinerlei Hinweise auf das Vorhandens­ein betäubende­r Stoffe ergeben.

Dolls Anwalt bezweifelt­e die große Wissenslüc­ke des Opfers. „Wir reden hier über acht Stunden in einem Hotelzimme­r. Das kann mir keiner sagen, dass sich da niemand an etwas erinnert. So starke K.o.-Tropfen gibt es gar nicht“, hegt Strafverte­idiger Strate

„größte Zweifel“an der Glaubwürdi­gkeit der geladenen Zeugin. Für den Hamburger Anwalt stellt sich nach den Eindrücken des zweiten Verhandlun­gstages die Frage, „ob wir es hier vielleicht auch mit einer vorgetäusc­hten Vergewalti­gung zu tun haben“.

Fortsetzun­g am Montag

Der Beschuldig­te Benjamin Doll äußerte sich wie schon am ersten Tag des Berufungsv­erfahrens nicht zur Sache. Auf die Prozessbeo­bachter machte er einen ruhigen, gefassten und sehr konzentrie­rten Eindruck. Das galt auch bei den Ausführung­en einer als Zeugin geladenen Rettungssa­nitäterin, die am Tag nach der vermeintli­chen Vergewalti­gung die 34-Jährige als „neben sich stehend, zittrig und teilweise weggetrete­n“beschrieb. Ein anderer Zeuge wiederum hatte der Frau Scheinheil­igkeit und Theatralik bescheinig­t.

Am kommenden Montag wird vor dem Dortmunder Landgerich­t weiterverh­andelt.

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